kontakt 04/2023

9 musste eine Freileitung isoliert werden, um eine PV-Anlage sicher installieren zu können. Da der Regen zugenommen hatte, konnten die Kollegen aus Sicherheitsgründen nicht aufs Dach. – Nur mal so zur Info, bei solchen Arbeitseinsätzen klettern die Kolleginnen und Kollegen mit Leitern auf den Dächern rum – Abbruch! Der Kunde hat Verständnis, am Freitag versuchen wir’s nochmal, lautet die frohe Botschaft. Ich springe wieder an die Seite von Herrn Kiefer ins Auto; es tropft von meinem Helm. Wir fahren zu einer Kundenanlage nach Perl-Besch. Ich kann nur sagen, Blick auf die Mosel, nach Luxemburg. Schon schön der Westen des Saarlandes. Eine freundliche Dame macht uns die Tür auf. Wir müssen prüfen, welcher der 3 Anschlüsse das Haus versorgt. 3 Anschlüsse? schießt es mir durch den Kopf. „In den 70ern hat man halt noch sicher gebaut“, grinst Alfons Kiefer. Plomben entfernen, Abdeckungen öffnen, dann ist klar, wo der Strom herkommt. Kleine Zuarbeiten traut mir Herr Kiefer zu: „Zange bitte; ich brauche Draht zum Verplomben; wo ist der Seitenschneider?“ Der Tag fängt an, mir Spaß zu machen. Die Hausherrin erklärt uns noch, dass sie gerade den Garten winterfest macht, außerdem kämpft sie noch mit den Folgen eines Wasserschadens. Wahrscheinlich hätten wir auch noch Kaffee und Kuchen bekommen, aber nein, ab zum nächsten Auftrag. Kommen wir zum Specht. Der Specht macht Sachen, man ahnt es kaum. Tatsache ist, er verwechselt manchmal Baum mit Mast und macht sich an unseren Leitungen zu schaffen. Also wollen die Kollegen Weber und Pitsch einen Vogelschutz anbringen. Wer denkt, das sei einfach, der täuscht sich. Wir fahren hin und her, um Spannungsfreiheit zu gewährleisten. Ich lerne, dass dafür die Zentrale Netzleitwarte in Saarbrücken, kurz ZNL, verantwortlich ist. Also holt Herr Kiefer vor jeder Schaltung die telefonische Zustimmung der ZNL ein. Mir fällt auf, der Ton wird klarer, fast militärisch. Hier geht’s um Sicherheit und nicht um Romantik, so ähnlich wird mir das erklärt. Dies veranlasst mich zur Frage: „Herr Kiefer, haben Sie schon mal einen schweren Unfall gehabt oder erlebt?“ Ich atme durch; er sagt: NEIN. So, alles spannungsfrei, es kann losgehen mit dem Vogelschutz. Pustekuchen, es schüttet in Strömen. Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln, wieder alles unter Spannung setzen. Der Specht hat Glück gehabt. „Dann tauschen wir halt Lampen aus“, rufen die Kollegen Weber und Pitsch beim Wegfahren noch schnell. Stimmt ja, energis bietet ja auch Straßenbeleuchtung an. Und weg waren sie. Ich springe schnell wieder in den Transporter; mein Helm tropft immer mehr. Ziemlich abrupt verlassen wir eine befestigte Straße und befinden uns auf einem Feldweg. Der Transporter rutscht ein wenig nach links und rechts… nun ja. „Jetzt wissen Sie, warum wir Allrad fahren“, meint mein Begleiter. Das hätte ich ihm auch so geglaubt. Wir fahren unter einer Freileitung her. Zweimal gab es auf dieser Leitung einen Kurzschluss und damit Stromausfälle in Perl, ohne ersichtlichen Grund. Alfons Kiefer meint, dass er manchmal die Probleme riechen könne; er wisse auch nicht wieso. Erinnert mich an Keith Richards, der weiß auch nicht, wie er zu diesen Stones Riffs kommt, klingen trotzdem ziemlich cool. Was war passiert? Müde Vögel haben sich auf der Leitung ausgeruht und ziemlich viele davon. Und dann ist das liebe Federvieh wohl aufgeschreckt, die Leitung kam ins Schwingen und kollidierte mit einer anderen Leitung. Und zack, ist es passiert. „High Voltage rock and roll“, summe ich vor mich hin. Zum nächsten Auftrag sind es ein paar Kilometer. Ich drehe heimlich die Heizung hoch. Es regnet noch immer in Strömen. Mir kommt, warum auch immer, das Kinderbuch „Onkel Tobi“ von Hans Georg Lenzen in den Sinn: „Draußen plitscht und platscht der Regen, Onkel Tobi pfeift und lacht und beginnt zu überlegen ...“. Zum Überlegen komme ich nicht. Herr Kiefer nimmt mich mal mit auf seinen beruflichen Werdegang. Wo hat der Mann schon überall geschafft, denke ich. Und die Berufsgenossenschaft, die ist ihm wichtig. Hier ist er stark engagiert, denn das Wohlergehen der Kolleginnen und Kollegen ist ihm wichtig. Weitere Infos: www.energis-netzgesellschaft.de Solch schwindelerregende Einsätze gehören zu den Standardeinsätzen der energis Netzgesellschaft Wir schauen uns eine E-Ladesäule der EnBW an und die dazugehörige Station. Ich darf lernen, dass EnBW wohl nicht ganz so viel Wert auf Digitalisierung legt, zumindest nicht im Netz der energis. Weiter geht’s zur Station der VSE Verteilnetz. Ich denke eigentlich immer nur als VSE-Gruppe, darf ich erfreut hören. Kurz dokumentiert, dass wir da waren, dann geht’s wieder zurück Richtung Merzig. Ich ahne es, frage es aber dennoch: „Herr Kiefer, Sie haben doch das Netz im Kopf, oder?“ Die Antwort könnte kaum kürzer ausfallen: „JA!“ Das Handy klingelt. Ich werde Zeuge kurzer Dienstwege. Ein Dachständer muss in Merzig isoliert werden, sonst wird das nichts mit dem neuen Kaminrohr zum Winter. Passt der Steiger in die Einfahrt oder doch alles mit Leiter, oder doch kurz spannungsfrei machen? Wir fahren kurz hin. Den Schlusspunkt meines Tages im Netzbetrieb bildet die Umspannanlage der VSE Verteilnetz in Merzig. Da ich Respekt vor Spannung habe, muss ich noch eine Frage loswerden. „Wie viel Routine, Herr Kiefer, begleitet Sie in Ihrer täglichen Arbeit?“ Die Antwort fällt deutlich differenziert aus. Routine gibt es, ja, aber sie darf nicht überhandnehmen. Immer wieder die Sicherheitsregeln rauskramen, wiederholen und vor allem beachten. Das muss sein! Und das predige er auch „den Jungen“. Mit vielen Informationen, vielen Eindrücken und Emotionen fahre ich heim. Ich bin stolz auf die VSE-Gruppe, stolz darauf, dass wir solche Kolleginnen und Kollegen haben. Ich ziehe den Hut vor so viel Engagement und Leidenschaft. Und eines ist mir auch klargeworden: Trotz aller Digitalisierung, vor Ort müssen wir dennoch sein. Mein Dank gilt Alfons Kiefer für die Zeit, die er mir geschenkt hat. [hd] Trends & Themen | kontakt VSE

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