kontakt 04/2023

Foto: atreyu CC BY-SA 3.0 | Collage Weitere Infos: www.izes.de 29 Strategie & Zukunft | kontakt VSE rungsstau, der dringend aufgelöst werden müsste. Und wie reagiert die Politik? „Von einst 5.000 Vorschriften, Verordnungen und Richtlinien vor 20 Jahren sind wir inzwischen bei rund 12.000 angelangt“, erklärt Ulrich Thalhofer von der AGV Bau Saar. Da mag die Vorfreude bei potentiellen Bauherren und Sanierern eher begrenzt bleiben. Erschwerend hinzu kommt der Fachkräftemangel im Handwerk, so dass viele gut gemeinte Bau- und Sanierungsprojekte zeitnah gar nicht umgesetzt werden können. Gute Ideen und Ansätze An Ideen, Energie effizient einzusetzen oder sie durch intelligente Techniken zurückzugewinnen, mangelt es in Deutschland nicht. Etwa durch den Einsatz smarter Materialien, um hocheffizient zu kühlen und zu heizen oder die Antriebe für die druckluftfreie Produktion energieeffizient zu gestalten, wie Dr. Sophie Nalbach von der ZeMA gGmbH aus Saarbrücken eindrucksvoll präsentierte. Forschung par excellence, aber eben derzeit noch ohne greifbare Kunden. Ein bisschen besser sieht das beim anwenderforschungsorientierten Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik in Dresden aus. Der Effizienzbeitrag der so genannten Tribologie zur Energiewende, sprich Energieverluste durch Reibung, ist nach Angaben von Dr. Volker Weihnacht durchaus praxiserprobt, kommt aber ohne Fördermittel nicht aus und bleibt vorerst ein Randthema. Praxisnäher klingen die Energieeffizienz-­ Netzwerke, die das Know-how und die Erfahrungen bei Energie- und Ressourceneinsparung in Unternehmen bündeln. Jörg Schmitt von Purem Technology (Eberspächer) ist überzeugt, dass ein offener und fairer Austausch im Netzwerk neue Impulse und Ideen freisetzen können, Energieeinsparungen im Unternehmen zu erzielen. Energieeffizienz-Potentiale zu heben, steht auch bei den Energieversorgern stark im Fokus. So hat die energis-Netzgesellschaft in einem groß angelegten bundesweiten Forschungsprojekt mit konkreten Beispielen in Perl und Freisen untersucht, welche Möglichkeiten ein Netzbetreiber hat, die Stromnetze durch intelligente Automatisierungen und Echtzeitinformationen transparenter und energieeffizienter zu gestalten. Das habe zwar zu brauchbaren Ergebnissen geführt, die heute auch angewendet werden, betont Benedikt Kessler von der Netzgesellschaft, aber er empfiehlt gleichzeitig den Blick über den Tellerrand zu unseren französischen Nachbarn, wo mit relativ einfachen Mitteln für alle Haushalte Anreize geschaffen werden, Stromverbräuche zu verlagern und so den Netzzustand kalkulierbarer zu machen. Die längst bei Haushalten eingebauten smarten Zähler machen das Abrechnen und Auslesen digital möglich, während in Deutschland bei Smart Metern immer noch über den richtigen Weg diskutiert wird vor allem wegen des Datenschutzes. Die Deutschen gelten als detailverliebt und müssen nun in kurzer Zeit unter schwierigen Bedingungen den sicheren komplexen Netzausbau hinbekommen. Die große Nord-Süd-Verbindung SuedLink sollte schon 2022 fertiggestellt sein, um den grünen Strom aus dem Norden in den Süden zu transportieren. Der Startschuss zum Bau fiel erst Anfang September. Ein neuer Blick Deutschland und einfach, das passt nicht so richtig zusammen. Deshalb fordern einige Fachleute ein Umdenken, einen Perspektivwechsel. Wie Prof. Dr. Ingo Uhlig von der Universität Halle-Magdeburg, der sich mit den Auswirkungen der verschiedenen Energiewenden wie der Umstieg auf die Dampfkraft oder die beginnende Elektrifizierung beschäftigt hat. „Die heutige Energiewende unterscheidet sich darin, dass wir Menschen die Auswirkungen dieser Transformation in der Praxis nicht spüren wollen. Wir müssen das Thema Suffizienz, sprich Verzicht, als Zugewinn empfinden.“ Doch Verzichten wird in unserer Gesellschaft als Verbot und als negativ wahrgenommen, was zusätzlich durch die unterschiedliche Wahrnehmung und Interpretation der politischen Parteien befeuert wird. Das Thema Suffizienz werde leider von der Politik vernachlässigt, beklagt auch Prof. Frank Baur von IZES. Suffizienz, das bedeutet ein Umdenken, ein nachhaltiges und nicht nur auf Wachstum ausgerichtetes Wirtschaften. Konkrete Möglichkeiten: weniger Wohnraum für den Einzelnen wie es Dr. Andrea Amri-Henkel und Yue Zheng vom IZES untersucht haben. Das heißt aber im Umkehrschluss auch weniger Ressourcen- und Energieverbrauch, weniger Energiekosten für den Einzelnen, besserer Klimaschutz oder eine bessere Kreislaufwirtschaft mit dem Fokus auf Wiedereinsatz von Materialien wie es Dr. Janis Winzer und Arnd Wieland aus dem Umweltministerium des Saarlandes forcieren. Weniger ist mehr lautet das Motto oder das neue Narrativ – ein neues Mindset, eben kein Topdown-Prozess, sondern vielmehr eine moderierende Rolle des Staates und ein besseres Zusammenspiel aller Akteure. Wir müssen es nur wollen und tun. [nea] Dr. Ron Lipka Bastian Meinig Ulrich Thalhofer Dr. Sophie Nalbach Dr. Volker Weihnacht Jörg Schmitt Benedikt Kessler Prof. Dr. Ingo Uhlig Jürgen Barke Prof. Frank Baur Dr. Andrea Amri-Henkel Yue Zheng Dr. Janis Winzer Arnd Wieland

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