kontakt 03/2022

fair aufzuteilen.“ Trotz dieser Schwierigkeiten sieht Daniel Muthmann, Vorsitzender European Hydrogen Backbone, die globalen Versorgungswege im Aufbau. Die Nutzung von Solarenergie im Süden Europas sowie der Wind in Ländern wie Norwegen oder Dänemark bieten ideale Voraussetzungen für dieHerstellunggrünenWasserstoffs, der per Pipeline in die Großregion transportiert werdenkönnte, dennsovieleWindkraft- und Photovoltaikanlagen könnten hierzulande gar nicht gebautwerden, umden benötigten grünenWasserstoffherzustellen. Schätzungen zufolge braucht das Saarland bis 2030 rund 20 Millionen TonnenWasserstoff, von denen gerademal die Hälfte hier hergestellt würde. An einemAufbau einer europäischen Wasserstoff-Infrastruktur führt demnach kein Weg vorbei, zumal rund 80 Prozent des vorhandenen Erdgas-Leitungsnetzes genutzt werden könnte, was deutlich günstiger wäre als ein kompletter Neubau. Außerdem verfügen die Netzbetreiber über eine jahrzehntelange Expertise beim Netzbetrieb. Ein neuer Wasserstoff-Markt mit einer Leitungslänge von rund 28.000 km in Europa hätte sogar den Charme, in seiner Umsetzung finanztechnisch betrachtet komplett in Euro statt in Dollar gestaltet zu werden. Luxemburgs Energieminister sieht überdies gute Chancen für die Großregion, zum Zentrum in Europa zu werden, wo sich die großenWasserstoff-Pipelines kreuzen. Mut als Innovationstreiber Mut für eine Energie-Zukunft mitWasserstoff machen zudem die vielen kleinen Beispiele aus der Großregion. So begleitet das Institut für ZukunftsEnergieSysteme IZES aus Saarbrücken seit vielen Jahren das Thema Wasserstoff wissenschaftlich und mit eigenen Versuchsreihen. Die Firma Schäfer Stahlbau-Industriemontagen aus Dillingen päischen Transformationsprozesses beim Wasserstoff brauchen wir endlich den Startschuss aus Brüssel.“Wie so oft in Europa gebe es ein Geschwindigkeitsproblembei der Transformation, so Luxemburgs Energieminister Claude Turmes. „Bürokratie und langwierige Genehmigungsverfahren stehen imWeg,wenn es darumgeht, die vielen gutenProjekte endlich auf denWeg zu bringen.“ Selbst einParadigmenwechsel beimEU-Wettbewerbsrecht bezüglich Beihilfen sei notwendig, um das ZukunftsthemaWasserstoffvoranzubringen. Henne-Ei-Prinzip „Wir könnten sofort loslegen“, erklärt Dr. Claude Seywert, CEOder EncevoGruppe, zu der auch Creos gehört. Der saarländische Netzbetreiber will gemeinsam mit der GRTGaz ein bis zu 130 km langes grenzüberschreitendesWasserstoffnetz aufbauenmit Anbindung an die überregionalen Pipelines. Dieses ehrgeizige Projekt mit dem Namen mosaHYC soll bis 2026 Wasserstoff zu den großen Endverbrauchern wie Saarstahl liefern. Eingespeist würde der mittels Elektrolyseure erzeugteWasserstoff imgroßtechnischen Stil an den Standorten Völklingen Fenne mit einer 50 Megawatt-Anlage und in St. Avold mit 400 Megawatt. Doch das alles verschlingtMilliardensummen, die sich Bund, Land, Unternehmen und potentielle Investoren teilen sollen. Doch Investoren geben keinGeld, wenn keine Kunden da sind oder das Kundenpotential als zu niedrig eingestuft wird, und Unternehmen investieren wiederum nicht in Netze, wenn von Vornherein Verluste drohen. Ohne staatliche Hilfen läuft danichts. „Wirmüssendavonausgehen, dass der Aufbau einer europäischen Wasserstoff-Infrastruktur zu Beginn finanziell wenig lukrativ ist“, erklärt der Niederländer Bert Kiewiet, Manager Hydrogen Germany der Gasunie. Erst im Laufe der Jahre werde dasWasserstoff-Netz mit immer mehr Kundinnen undKunden attraktiv. „Wir brauchen mehr Tempo, Kreativität und pragmatische VorgehensweisenbeimAufbau eines europäischenWasserstoff-Netzes, umanfängliche Risiken für alle Beteiligten abzufedern bzw. baute be i sp i e l sweise bei Saarstahl an den Hochöfen versuchsweise die Einspritzdüsen für Wasserstof f. Das Unternehmen MHA Zentgraf aus Merzig ist spezialisiert auf Wasserstoff-Transport- und Tankventile bis zu 1.000 bar Druck. Das Startup GPSS aus dem luxemburgischen Wecker setzt auf kleine kompakte Lösungen zur Herstellung von grünemWasserstoffvorOrt.DasausBelgien stammende Unternehmen John Cockerill Hydrogen ist bereits international unterwegs und gilt als hochspezialisiert beim Bau von Elektrolyseurenbis 5MWLeistung. Bis Ende 2023 sollen die ersten Elektrolyseure aus dem elsässischen Werk in Aspach kommen. Das Unternehmen BosonEnergy aus Luxemburg mit Niederlassungen in verschiedenen europäischen Ländern untersucht die Gewinnung von Wasserstoff aus Abfällen. Die Robert Bosch GmbH erprobt am Standort Homburg den gesamtenWasserstoff-Kreislauf von der Herstellung über die Verteilung bis hin zur Anwendung wie Brennstoffzelle oder Betankung von Fahrzeugen. Sie alle eint, dass sie Wasserstoff als Chance sehen und mit ihren Unternehmen auf dem Zukunftsmarkt Wasserstoff wachsen wollen. Doch der Aufbau einer europaweitenWasserstoff-Infrastruktur verschlingt nicht nur viele Milliarden Euro, es bedarf auch vieler Fachkräfte. Die Universität Luxemburg hat mit Unterstützung des Industrieanlagenbauers Paul Wurth Geprolux einen neuen Lehrstuhl geschaffen, der neben der Forschung u. a. Module zur Weiterbildung im Bereich Wasserstoff-Anwendungen entwickeln soll z. B. für qualifizierte Industriemitarbeiterinnen und -mitarbeiter. Denn imTransformationsprozessmit neuen Produkten und neuen Verfahren würden auch neue Berufsbilder entstehen, zeigte sich Wirtschaftsminister Jürgen Barke überzeugt. Das Saarland sei Transformationsweltmeister und Veränderungen gewohnt. „Wenn nicht wir, wer dann?“, so sein Fazit zum Gelingen des Strukturwandels. [nea] Auf dem erstenWasserstoffkongress diskutierten Bert Kiewiet, Manager Hydrogen Germany der Gasunie, Dr. Claude Seywert, CEO der Encevo Gruppe, Moderator Jörg Hektor, dieMinisterpräsidentin des Saarlandes, Anke Rehlinger, und Luxemburgs Minister für Energie und Raumordnung, Claude Turmes, über Lösungsmöglichkeiten auf demWeg der Großregion zumWasserstoffland. 13

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