kontakt 03/2022

Als technischer Vorstand tragen Sie Verantwortung für viele Bereiche in der VSE-Gruppe. Können Sie unseren Leserinnen und Lesern bitte ein Überblick geben? Wir haben die Ressortverteilung, wie sie schon bei meinem Vorgänger Gabriël Clemens gelebtwurde, nicht verändert. D.h. ich bin als technischer Vorstand im Wesentlichen zuständig für alle Themen rund um die Netze, Erneuerbare Energien, Kraftwerksrückbau, IT/Digitalisierung und das Telekommunikationsgeschäft der artelis. Gehen wir ein wenig ins Detail. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien stagniert seit Jahren in Deutschland, und auch im Saarland. Die Bundesregierung hat sich den Ausbau Erneuerbarer Energien ganz oben auf die To Do-Liste gestellt. Wie ist die Planung der VSE-Gruppe? Grundsätzlich ist im Saarland schon einiges geschehen. 1,8 Prozent der Landesfläche sind als Wind-Vorrangfläche ausgewiesen; damit sind wir auf Platz 3 imRanking der Bundesländer. Die Landesregierung hat angekündigt, das Thema weiter zu forcieren und auch bundespolitisch gibt es Rückenwind. Die Praxis wird dann zeigen, wie sich das auch inschnellerenGenehmigungsverfahren widerspiegelt. In Summe allerdings – das gehört zur Wahrheit auch dazu – muss man feststellen, dass wir im Saarland nur einen Erneuerbaren-Anteil von ca. 20Prozent vorweisenkönnen; derBundesdurchschnitt liegt bei 40 Prozent, also hier ist Nachholbedarf. Von Stagnation kann man in Bezug auf die VSE-Gruppe allerdings nicht reden. Wir haben in der Vergangenheit bereits sehr viel erreicht. Wir haben ein Portfolio von ca. 130 MW Windkraft sowie 25 MW Photovoltaik und wollen weiter wachsen. Wir werden noch in diesem Jahr einen weiteren Freiflächen-PV-Park mit 7 MW in Betrieb nehmen. Darüber hinaus haben wir weitere Projekte mit rund 60 MW Wind und 30 MW PV in der Planung, die in den nächsten Jahren imSaarland folgen werden. Insofern sind wir bei den Erneuerbaren Energien auf Wachstumskurs. Zur Bewältigung der Energiewende müssen die Stromnetze intelligent werden, also kurzum, sie werdenmit digitaler Technik aufgerüstet. Was genau ist da geplant? Die gute Nachricht ist, wennwir über intelligente Netze reden, dass unsere Hochspannungsnetze bereits entsprechend digitalisiert sind.Wir sind jetzt schon in der Lage, in unserer Netzleitstelle, die wir ja im Rahmen der Saarländischen Kooperation betreiben, unsere Hochspannungsbetriebsmittel von einem Standort aus zu überwachen und zu steuern. Dieser Teil der Digitalisierung der Netze ist bereits umgesetzt. Der nächste Schritt ist die Digitalisierung der Mittel- und Niederspannungsnetze, insbesonderevor demHintergrunddesAusbaus der Erneuerbaren Energien, der steigenden Elektromobilität und der Tatsache, dass die Wärmepumpe künftigeine viel größereRolle inderWärmeversorgung spielenwirdals das bisher der Fall ist. Wir sehen einen starken Trend zur Elektrifizierung und das Ganze muss überwacht und gesteuert werden. In Folge der Gasknappheit durch den Ukraine-Krieg sind Elektroheizkörper in den Baumärkten ausverkauft. Sind unsere Netze denn dafür ausgelegt, diese starke Elektrifizierung zu bewältigen?* Ich kann nur davon abraten, flächendeckend Wohnungen und Häuser mit Elektroheizern aus dem Baumarkt zu beheizen. Auch die Verbraucherschützer warnen aufgrund der hohen Strompreise davor. Wir gehen Stand heute davon aus, dasswir unsere Privatkundenals gesetzlichgeschützteKundinnenund Kunden verlässlich über denWinter mit Gas versorgen können. Die VSE-Gruppe will in den nächsten Jahren 230Millionen Euro in die Infrastruktur des Saarlandes investieren. Der Ausbau von Netzen und Telekommunikation liegt in Ihrer Zuständigkeit. Nun erleben wir aber, dass gerade Bauprojekte durch fehlende Baumaterialien und Fachkräfte regelrecht ausgebremst werden. Können wir dieses ehrgeizige Vorhaben überhaupt noch wie geplant umsetzen? Das wird natürlich eine echte Herausforderung. ImEinzelfallwerdenwir sicherlichflexibel reagierenmüssen und situationsbedingt das ein oder andere Projekt vorziehen oder zurückstellen, je nach Materiallage. Wir haben den großen Vorteil, dass wir imRahmen des E.ON-Konzernverbundes direkten Zugriffauf dieweltweitenBeschaffungsmärkte haben und damit trotz der angespannten Situation grundsätzlich gut aufgestellt sind. Von daher bin ich optimistisch, dass es uns gelingen wird, die 230 Millionen –wie geplant– in den nächsten drei Jahren hier im Saarland investieren zu können. Nach Ihrer 100-Tage-Bilanz, war es richtig, von Avacon in Niedersachen zur VSE ins Saarland zu wechseln? Auf jeden Fall. Die VSE ist ein tolles Unternehmen, undwas ich hier besonders schätze ist, dass wir in allenWertschöpfungsstufen von den Netzen über den Vertrieb hin zu den Erneuerbaren Energien vertreten sind. Nur so sindwir – insbesondere in der derzeitigen Krisensituation – in der Lage, gesamthaft aus einer Hand zu reagieren und die Krise wertschöpfungsübergreifend zu bewältigen. Auch die Politik, mit der wir im engen Austausch stehen, hat mit uns einen Ansprechpartner für alle energiewirtschaftlich relevanten Themen. Und das Wichtigste zum Schluss: Hier in der VSEhabe ich viele kompetente, motivierte Mitarbeiterinnen undMitarbeiter kennen gelernt. Mit dieser starken Mannschaft werden wir die anstehenden Herausforderungen meistern und die VSE erfolgreich weiterentwickeln. Ich freue mich darauf. Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Glück und Erfolg. [med] * siehe auch Seite 30/31 und 32/33 11 Bilanz | kontakt VSE

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