23 Strategie & Zukunft | kontakt VSE Trotz Bremsspuren E-Mobilität bleibt auf der Überholspur Von den 49 Millionen Fahrzeugen fahren laut Bundeskraftfahrtamt zwar rund 1,4 Millionen PKW elektrisch und rund 900.000 als plug-in-hybrid, aber die Zulassungszahlen der E-Autos sind gegenüber den Verbrennern seit Anfang des Jahres rückläufig. Diesel und Benziner erleben derzeit sogar ein erstaunliches Comeback. Gründe für die Flaute am E-Auto-Markt sind vor allem der hohe Anschaffungspreis im niedrigen Segment, der Wegfall der E-Prämien und ein kaum entwickelter Gebrauchtwagenmarkt für E-Autos. Fachleute gehen davon aus, dass sich das auch in den nächsten ein bis zwei Jahren nicht grundlegend ändern wird. Erst wenn günstige E-Modelle auf den Markt kommen, könnte es eine Trendwende geben. Erschwerend kommen hierzulande die Reichweitenangst der Deutschen bei E-Autos hinzu sowie eine spürbare Angst vor Veränderungen. Aber die Zeit drängt, denn ab 2035 dürfen in der EU neue Verbrenner nicht mehr mit fossilen Kraftstoffen betrieben werden. Was bedeutet das nun für die deutsche Automobilindustrie, die mitten in der Transformation steckt? Welchem Antrieb gehört die mobile Zukunft? Wie ist der Stand bei der technologischen Entwicklung von Autobatterien und warum fällt den Deutschen der Abschied von ihrem liebsten Kind, dem Verbrennermotor, so schwer? KONTAKT hat dazu Prof. Dr. Maximilian Fichtner gefragt. Er ist eine der renommiertesten Persönlichkeiten der Batterieforschung in Deutschland. Der 1961 in Heidelberg geborene Chemiker ist Direktor am Helmholtz-Institut Ulm für elektrochemische Energiespeicherung und leitender Forscher zu Energiespeichersystemen am Karlsruher Institut für Technologie. Zuvor hat Fichtner u. a. die Bundesrepublik Deutschland bei der Internationalen Energieagentur IEA im Bereich Wasserstoffspeicherung vertreten. Herr Prof. Fichtner, die Verbrenner erleben derzeit eine Renaissance in Deutschland. Geht den Elektro-Autos die Puste aus? Keineswegs: Die mobile Zukunft wird e-mobil sein, ob wir hier in Deutschland nun darauf abfahren oder nicht. Sicher vergehen noch Jahre, bis Benziner und Diesel weitestgehend aus dem Straßenbild hierzulande verschwinden und sich zu einem Nischenmarkt entwickelt haben. Die Tage vom liebsten Kind der Deutschen – sie haben das klassische Automobil erfunden – dürften gezählt sein. Aber wer Veränderung nicht als Chance erkennt und Altes bewahren will, an dem fährt die e-mobile Zukunft voll vorbei. Was ist dran an der in Deutschland so viel geforderten Technologieoffenheit in der Automobilbranche? Die Fakten sehen Elektro-Autos klar im Vorteil: Die Kraftstoffe Benzin und Diesel werden allein durch die CO2-Besteuerung jedes Jahr teurer. Die Herstellung so genannter E-Fuels, also synthetische Kraftstoffe, ist sehr kostenintensiv, weltweit bis auf Weiteres praktisch nicht existent und die geringen Mengen sind dazu noch vor allem für die Nutzung in Schiffen und Flugzeugen vorgesehen, für PKW bleibt da eigentlich nichts übrig. Grüner Wasserstoff gilt als umweltfreundlich, ist aber allein in seiner Herstellung energieintensiv und teuer. Zudem eignet sich Wasserstoff besser für großtechnische Anwendungen wie in der Stahl- oder Chemieindustrie als für PKW. Was bleibt, sind batteriebetriebene Fahrzeuge. Und dieser Markt entwickelt sich weltweit rasant, allen voran in China. Die Autonation Deutschland tut sich schwer mit der E-Mobilität. Die Bundesregierung ist von ihrem Ziel, bis 2030 mindestens rund 15 Millionen zugelassene Elektro-Fahrzeuge auf deutschen Straßen zu zählen, noch meilenweit entfernt.
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