Trends & Themen | kontakt VSE Oben von links: Dr. Bettina Hübschen, Oliver Antoni und Prof. Frank Baur mit Minister Jürgen Barke. Unten v.l.: Prof. Dr. Fridjof Staiß, Werner Diwald 15 Am Preis scheiden sich halt die Geister. Das hat auch die Potentialanalyse der saarländischen Wasserstoffagentur in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Technik und Wirtschaft gezeigt. Zwar sei das Interesse an Wasserstoff bei den 33 befragten Unternehmen mit insgesamt 53 Standorten im Saarland riesig, aber nur wenn der Preis für ein Kilogramm Wasserstoff unter 5 Euro betrage, so Dr. Bettina Hübschen, Geschäftsführerin von H2saar. Derzeit liegen die Produktionskosten in Deutschland über 10 Euro. Ohne finanzielle Förderung läuft also nichts, zumal auch noch verbindliche politische Rahmenbedingungen fehlen und der Bund derzeit keine weiteren Haushaltsmittel für die Wasserstoffwirtschaft zur Verfügung gestellt hat. Planungssicherheit für Investitionen sieht anders aus, zumal die deutschen Wirtschaftsbosse immer zuerst wissen wollen, wann sich ein Projekt rechnet. Kommt hinzu, dass es derzeit keinen Markt und keinen Handel für grünen Wasserstoff gibt, lediglich hypothetische Annahmen, eine erste Auktion und viel zu wenig Risikokapital in Deutschland. Abnahmeverträge mit einem festgelegten Preis für mindestens zehn Jahre, ein besserer Schutz in der EU vor Produkten, die nicht nachhaltig erzeugt wurden, oder eine „schmerzhafte“ CO2-Besteuerung sowie Anreize für Investitionen könnten für Abhilfe sorgen, so das Fazit von Vertretern aus Unternehmen zur Herstellung von Wasserstoff. Viele Regelungen wie das Wasserstoff-Beschleunigungsgesetz seien schon auf dem Weg, betont Oliver Antoni von der Stiftung Umweltenergierecht. Dass Wasserstoff zum Beispiel in den Kommunen nur eine untergeordnete Rolle spiele, liege vor allem daran, dass die allermeisten Städte und Gemeinden noch über keine belastbare Wärmeplanung verfügen. „Das Thema Wasserstoff ist mit einer hohen Unsicherheit belastet.“ Wasserstoff werde allerdings auf absehbare Zeit für den Wärmemarkt und für den Individualverkehr mit PKW keine nennenswerte Rolle spielen, betonte Prof. Dr. Frithjof Staiß vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung aus Baden-Württemberg. „Wasserstoff ist für Großabnehmer wie die Stahl-, Chemie-, Düngemittelindustrie- oder Energiewirtschaft mit Heizkraftwerken eine Alternative. Für Haushalte stehen genügend günstigere Alternativen bei der Wärmeversorgung zur Verfügung.“ Wasserstoff-Modellregion Geht es nach den Vorstellungen der saarländischen Landesregierung, soll das Saarland Wasserstoff-Modellregion werden. Trotz hoher Vorleistungen des Landes und der verbindlichen Zusage von 2,5 Milliarden Euro aus Bundesmitteln für die saarländische Stahlindustrie bleibt der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft bis 2030 eine enorme Herausforderung. „Es gibt viele innovative Projekte, die aber noch nicht finalisiert sind“, sagt Dr. Bettina Hübschen. „Wir müssen schneller in die Umsetzung kommen.“ Vielversprechend stehen dafür auf der Anwenderseite beispielsweise die Kooperation zwischen dem Kugelhahnspezialist MHA Zentgraf aus Merzig und dem Prüflabor Mecadi aus Bexbach oder die Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Zerstörungsfreie Prüfverfahren in Saarbrücken. Pragmatische Lösungen wie die Beimischung von Wasserstoff ins Gasnetz oder der Transport per Schiff und Bahn von Wasserstoff-Derivaten wie Ammoniak oder Methanol, der beschleunigte Ausbau der Stromnetze für den Transport von grünem Strom oder die verbesserte Nutzung von Speichermöglichkeiten von Wasserstoff könnten der Wasserstoffwirtschaft in Deutschland Beine machen. Zwar gibt es im Saarland aufgrund der bergbaulichen Gegebenheiten keine Speichermöglichkeiten von Wasserstoff, aber Norddeutschland und die Niederlande verfügen über geeignete Lagerstätten wie die Salzstöcke. „Wasserstoff muss eh im europäischen Rahmen gedacht werden“, so Werner Diwald, Vorsitzender des Deutschen Wasserstoffverbands. „Europa kann viel! Es hat Speichermöglichkeiten mit erprobter Technik, reichlich Sonne und Wind im Süden und Wasser im Norden, innovative und erfahrene Unternehmen sowie eine vorhandene Netzinfrastruktur.“ Es wird einen Innovationswettlauf mit China und den USA geben und Europa, insbesondere Deutschland, sollte nicht den Fehler der Solarenergie wiederholen. Heutzutage stammen fast alle in Deutschland verbauten Solarzellen aus China. Die Bürgerinnen und Bürger mitnehmen, sie über Risiken der Technik aufklären, Netzwerke gründen und Wasserstoff als Chance begreifen, das gehört mit zu den Aufgaben der saarländischen Wasserstoffagentur. Möglichkeiten dazu boten sich in der bundesweiten Woche des Wasserstoffs Mitte Juni mit unterschiedlichen Veranstaltungen auch im Saarland. [nea]
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