kontakt 02/2024

Teil der Energiewende 02/2024 Kraftwerk Ensdorf: Eine saarländische Landmarke verschwindet für immer Jahres-Pressekonferenz: Die VSE zieht Bilanz und gestaltet die Energiezukunft Einblick: Der steinige Weg der Energiewende!

04 Zeitenwende in Ensdorf 06 Eine Ära geht zu Ende 08 VSE als Motor für Energiewende, Klimaschutz und Transformation im Saarland 10 Hochwassereinsatz im Saarland 12 Heizungswechsel – worauf es ankommt 14 Wasserstoff – der Stoff aus dem die Träume sind 16 Pilotprojekt für saarländische Gemeinden 18 Der steinige Weg in Deutschland 22 E-Mobilität bleibt auf der Überholspur 26 Hand in Hand die Zukunft sichern 27 „Take five“ 28 „Von der Energiebeschaffung bis zum Kundenservice“ | energis-Reihe, Teil 1 32 Mehr Raum für Kunden 34 „Grüner Strom treibt uns an“ 35 Höchster Standard wird erreicht 2 VSE kontakt | Inhalt 36 Exzellent gesteuert! 37 Strategische Partnerschaft 38 Digitaler Hochwasserschutz auf den Weg gebracht 39 Energie für junge Kicker 40 Leuchtende Vorbilder für die Gemeinschaft 42 Verein des Jahres 2023 44 Highspeed-Internet & Co. 46 News – Kurz und bündig 50 Auf die Plätze – fertig – Spaß! 52 We did it again! 53 Glühende Tachos 54 Helden der Gesellschaft 56 Weltenbummlerin mit Freude an Technik 58 Vielfältige Sportliche Ertüchtigung 59 Modernes Arbeiten als Goldstandard

Liebe Leserinnen und Leser, die VSE erlebt gerade ihre eigene Zeitenwende. Vor wenigen Tagen wurden die letzten Bauten des VSE-Kraftwerkes in Ensdorf gesprengt, der markante Kühlturm und die letzten beiden Schornsteine. Die prägende Landmarke an der Saar ist nun Geschichte und es ist unübersehbar, wohin sich die VSE-Gruppe seit einigen Jahren schon entwickelt: Weg vom fossilen Energieerzeuger hin zu einem innovativen Gestalter der Energiewende und zum aktiven Transformationstreiber im Saarland. Wir sind auf dem richtigen Weg, allerdings wird es kein leichter sein, denn die Herausforderungen sind riesig. Bis 2030 sollen 80 Prozent des Bruttostromverbrauchs aus regenerativer Energieerzeugung stammen, im vergangenen Jahr waren es immerhin schon etwas mehr als 50 Prozent. Insgesamt haben Erneuerbare Energien im letzten Jahr aber lediglich rund 22 Prozent zum gesamten Energieverbrauch beigetragen. Dies mag die Herausforderung einer klimaneutralen Volkswirtschaft verdeutlichen. Ein gigantisches Investitionsprogramm wird nötig sein, um die Energiewende zu realisieren. Für uns als VSE-Gruppe bedeutet dies, die Energienetze fit für die Zukunft zu machen, indem wir die Netze ausbauen und durch Digitalisierung schlau und flexibel machen, weiter in erneuerbare Energie investieren und unsere Kommunen bei der Umsetzung der Wärmplanungen unterstützen. Hier sind alle Unternehmen der VSE-Gruppe gefordert. Die Energiewende ist ein Jahrhundertprojekt. Die Klimaziele in engem Zeitfenster zu realisieren ist eine Mammutaufgabe. Dennoch, Teil dieser bahnbrechenden Transformation zu sein, ist unsere Motivation. Gemeinsam werden wir es schaffen! Mit freundlichen Grüßen Ihr VSE-Vorstand Editorial Dr. Stephan Tenge Dr. Hanno Dornseifer 3 IMPRESSUM Herausgeber: VSE AG Redaktion: Marie-Elisabeth Denzer [v.i.S.d.P.] Mitarbeiter dieser Ausgabe: Marie-Elisabeth Denzer [med], Sarah Lehnen [sl], Katja Scherer [ks], Armin Neidhardt [nea], Thomas Jungmann [tj.], Heidi Kollitz [hk], Michi Jo Standl [mjo], Julian Marx [jm], Lena Esseln [le], Daniel Müller [dm], Björn Bohnenberger [bb] Fotos: VSE AG, energis GmbH, FAMIS GmbH, artelis s.a., Voltaris GmbH, Armin Neidhardt, brainworks unlimited, Dirk Guldner, Rolf Ruppenthal, Lukas Wawotschni, Lorena Rues/Gemeinde Rehlingen-Siersburg, TWS Technische Werke der Gemeinde Saarwellingen GmbH, Freibad Trippstadt, comdialog GmbH, Villeroy & Boch AG, Katholische Jugendstelle im Pastoralen Raum Völklingen, Lebenshilfe Saarbrücken, Special Olympics Saarland Sportverein, prego services GmbH, Heidi Kollitz, Nico Hell, Michelle McCarty, Mario Ludewig, Tobias Speicher, Fritz Beck, Tim Lauer, Daniel W. Bittner, Ministerium für Umwelt, Klima, Mobilität, Agrar und Verbraucherschutz/ Kathrin Stockart, Thomas Jungmann, Mathias Blum, Gemeinde Beckingen, THW im Saarland, FC Strom, Valentin Puhl, THW OV St.Wendel, Helmholtz Institut, adobestock Layout: Michael Weiss, Saarbrücken Druck: Druckerei Wollenschneider, Saarbrücken-Ensheim Copyright: VSE AG – Kommunikation, Postfach 10 32 32, 66032 Saarbrücken, Telefon 0681 607-1153, kontakt@vse.de, www.vse.de

4 In der Tat war der Moment, auf den die Menschen im Saartal, Mitarbeiter und Entscheider so lange gewartet und die VSE so lange hingearbeitet hatte, blitzschnell vorbei. Nach nur 271/2 Sekunden waren der 117 Meter hohe Kühlturm, die beiden Schornsteine in Höhe von 180 und 150 Metern sowie die letzte Entstickungsanlage mit einer Höhe von 51 Metern in einer großen Staubwolke niedergelegt. 2.315 Zünder, 2.225 Bohrlöcher und 112 Kilogramm Sprengstoff sorgten, präzise geplant und platziert, für das rasche Ende des Kraftwerkes, das über 60 Jahre lang das Herzstück der VSE war. Auf der Aussichtstribüne auf dem Saar- Plateau in sicherem Abstand gab es Applaus für die präzise Niederlegung, aber auch hartgesottene Männer hatten Tränen in den Augen. Der frühere technische Vorstand der VSE AG, Tim Hartmann, hatte es sich nicht nehmen lassen, den letzten Tag des Kraftwerkes, für das er jahrelang gekämpft hatte, mitzuerleben. „Für mich ist das ein emotionaler Moment, denn es ist heute das erste Mal nach meinem Ausscheiden, dass ich hier auf dem Kraftwerksgelände bin. Ich erinnere mich daran, wie ich damals oben auf dem Block stand und wir über das Saarland geblickt haben und vieles mehr …. Die Mannschaft hat hier Tolles geleistet über die vielen Jahrzehnte und ein Stück Wehmut ist natürlich dabei.“ Die Bürgermeister der Anrainer-Gemeinden Ensdorf, Schwalbach, Bous und Saarlouis standen eng beieinander. Mit Wehmut und Zuversicht nahmen sie Abschied von einer Industrieanlage, die den Wohlstand der Region über Jahrzehnte bestimmt hatte. „Wehmut und Zukunftshoffnung, da schlagen zwei Herzen in meiner Brust. Ich bin mit diesem Kraftwerk groß geworden. Diese Landmarke fehlt nun…“, findet Ensdorfs Bürgermeister Jörg Wilhelmy. Sein Amtskollege aus Bous, Stefan Louis, ergänzt: „Es gibt in Bous fast kein Grundstück, von dem man den Kühlturm nicht gesehen hat, und das wird uns nun auch noch ein bisschen beschäftigen.“ Schwalbach war gleich mit zwei Bürgermeistern vertreten. Hans-Joachim Neumeyer erlebte am Tag der Sprengung seinen letzten Arbeitstag im Amt. „Ich habe den Aufbau des Kraftwerkes miterlebt, das war eine spannende Zeit, ich war damals noch Schüler. Es geht ein Stück unserer IndustTrauer und Hoffnung begleiten die Sprengung des Kraftwerkes Zeitenwende in Ensdorf „So etwas hat es in Deutschland bisher nicht gegeben“, sagt der renommierte Sprengmeister Michael Schneider nicht ohne Stolz. „Dass gleich vier Bauwerke dieser Größenordnung gleichzeitig innerhalb von nur einer halben Minute gezündet wurden, ist einzigartig“. VSE kontakt | Abschied

Abschied | kontakt VSE riekultur verloren und man macht sich schon Sorgen und ich hoffe sehr, dass die Ansiedlung von Wolfsspeed gelingt.“ Bei Neumeyers Nachfolger Markus Weber überwiegt die Zuversicht: „Es ist ein Stück Wehmut dabei, aber die Zukunftsperspektive überwiegt bei Weitem, weil ich hier die Chance sehe, eine neue Entwicklung voranzutreiben.“ Und der Oberbürgermeister von Saarlouis, Peter Demmer, ergänzt: „Wenn die Ansiedlungen kommen, die da im Moment in der Planung sind, dann ist das ein Gewinn nicht nur für die Gemeinde Ensdorf, sondern für den ganzen Landkreis.“ Ob denn nun alles so kommt, wie man es sich erhofft, daran hat Wirtschaftsminister Jürgen Barke keine Zweifel. „Wir haben viele Jahre hier mit Kohle Energie erzeugt und starten jetzt in das neue Zeitalter der Zukunftstechnologie Halbleiter auf dieser Fläche; aber nicht nur, denn es gibt auch Raum für weitere Ansiedlungen und deshalb ist das ein guter Tag.“ Dass die Zukunftsindustrie nun offenbar langsamer kommt als erhofft, bringt ihn nicht aus der Ruhe. „Die Transformation ist nicht nur eine Kette mit Erfolgsperlen, sondern man erlebt auch mal Rückschläge, zumindest auf der Zeitachse. Das sehen wir gerade bei der Umsetzung der Halbleiterproduktion. Die kommt im Markt nicht so, wie wir uns das ursprünglich erwartet hatten, voran. Die Investition ist aber nicht in Frage gestellt. Denn der Markt braucht die Produkte für Windenergieanlagen, für Elektromobilität und auch für alle Bereiche der Energieeffizienz. Die Entwicklung stagniert derzeit auf der Zeitachse, aber das ist das, was Transformation ausmacht. Es geht nicht immer in einer Richtung steil nach oben. Man muss die Herausforderungen managen, dafür haben wir gute, stabile Teams, mit denen wir das angehen, deshalb bin ich mit der Entwicklung im Moment ganz zufrieden.“ Der 30. Juni 2024 wird den Menschen im Saarland in Erinnerung bleiben. Als der Tag, an dem das Kraftwerk mit einem lauten Wumms sein Ende fand in der Hoffnung auf ein Weiterleben des Industriestandortes mit neuer Zukunftstechnologie. Ach ja, die nun fehlende Landmarke hat schon dazu geführt, dass der ein oder andere die Autobahn-Abfahrt Ensdorf verpasst hat. Was lernen wir daraus: „Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen.“ (Aristoteles) [med] 5 Oben: Markus Weber (BM Schwalbach), Stefan Louis (BM Bous), Jörg Wilhelmy (BM Ensdorf), Hans-Joachim Neumeyer BM a.D. Schwalbach, Peter Demmer (OB Saarlouis) (v.l.) Rechts: Technikvorstand der VSE Dr. Stephan Tenge (li.) und sein Vorgänger Tim Hartmann Kfm. Vorstand Dr. Hanno Dornseifer (li.) mit dem ehemaligen stv. Kraftwerksleiter Martin Bock Kraftwerksleiter Dr. Klaus Blug Sprengmeister Michael Schneider Zeitstrang KWE 1961 Entscheidung der VSE zum Bau eines Steinkohle-Kraftwerkes in Ensdorf 1963 1 . Probebetrieb des Kraftwerkes 1964 Block 1 + 2 mit je 110 MW gehen in Betrieb 1972 Erweiterung des Kraftwerkes um einen 300 MW-Block 1990 Stilllegung Block 1 1992 Stilllegung Block 2 200 grundlegende Modernisierung Block 3 mit einer Rauchgasentschwefelungsanlage 2007 B ürgerentscheid gegen den Neubau eines 1.600-MW-DoppelblockSteinkohle-Kraftwerkes am Standort Ensdorf 2011 Verpachtung von Block 3 zur Eigenstromgewinnung an Saarstahl 2017 endgültige Stilllegung des Kraftwerkes 2024 Rückbau und Abriss

Die Zufahrt ist mir sehr vertraut, doch heute wirkt sie anders. Es ist der Tag der Sprengung des Kraftwerks in Ensdorf, und während ich mich dem Gelände nähere, überkommen mich Erinnerungen an meine Kindheit. Die Silhouette des Kraftwerks hat für mich immer das Gefühl von Heimat bedeutet. Jedes Mal, wenn ich die imposanten Türme in der Ferne erblickte, wusste ich, dass ich bald zuhause sein würde. Doch heute wird diese vertraute Landmarke für immer verschwinden. 6 VSE kontakt | Abschied Physiker und Wissenschaftsjournalist: Ranga Yogeshwar Als ich das erste Mal das Kraftwerk besichtigte, war ich sechs Jahre alt. Meine Eltern hatten mich mitgenommen, und ich erinnere mich noch gut an den Moment, als wir auf dem Dach standen. Die riesigen Maschinen, die endlosen Rohre und Leitungen – es war eine Welt, die mir damals unendlich groß erschien. Inmitten dieser Anlage fühlte ich mich klein, aber auch beschützt. Die schiere Größe und Macht des Kraftwerks hinterließen einen bleibenden Eindruck. Ich war fasziniert und ein wenig ehrfürchtig zugleich. Heute, so viele Jahre später, kehre ich zurück, um den letzten Moment dieser monumentalen Struktur zu erleben. Auf dem Weg in die äußere Sicherheitszone fahre ich an vielen Menschen vorbei, die an diesem Sonntag extra früh aufgestanden sind, um sich von „ihrem Kraftwerk“ zu verabschieden. Ich fühle mich irgendwie beklemmt und zeitgleich ist mir bewusst, dass hier auch in Kürze etwas Neues entsteht, was für die Zukunft der Region ebenfalls prägend sein wird. Ich parke das Auto und trete auf das Gelände. Die Luft scheint gefühlt unter Spannung zu stehen. Jeder, dem ich begegne, scheint etwas in Gedanken versunken, jeder hat seine eigene Geschichte, die mit diesem Ort verbunden ist. Ich frage mich, wie es wohl jemandem geht, der den Großteil seines Lebens hier verbracht hat. Am vereinbarten Treffpunkt begegne ich Martin Bock, dem ehemaligen, stellvertretenden Kraftwerksleiter. Martin Bock war nach der Stilllegung des Kraftwerks 2017 als Geschäftsführer des VEWSaar tätig. Doch seine Augen leuchten auch heute noch, wenn er von seiner Zeit im Kraftwerk erzählt. „Jede Schraube, jede Maschine – ich kenne sie alle“, sagt er mit einem Lächeln. „Wir waren wie eine Familie. Die Kollegen, mit denen ich Tag für Tag, Schicht für Schicht gearbeitet habe, wurden zu meinen engsten Freunden.“ Er erinnert sich an die unzähligen Stunden, die er auf dem Gelände verbrachte, an die Geräusche der Maschinen, die ihm damals so vertraut waren. „Es gab Tage, da verbrachten wir mehr Zeit hier als mit unseren eigenen Familien. Feiertage, Wochenenden – das Kraftwerk lief rund um die Uhr, und wir waren immer da, um sicherzustellen, dass alles reibungslos funktionierte.“ Der letzte Tag des Kraftwerks Ensdorf Eine Ära geht zu Ende Martin Bock sichtlich bewegt bei den Sprengungen auf dem Kraftwerksgelände in Ensdorf

7 Abschied | kontakt VSE Ich kann die Emotionen in Martin Bocks Stimme spüren. Für ihn ist das Kraftwerk nicht nur ein Arbeitsplatz gewesen, sondern ein Teil seines Lebens. Die Vorstellung, dass dieser Ort bald nicht mehr existieren wird, bewegt ihn tief. „Es ist, als würde ein Stück meiner eigenen Geschichte verschwinden“, sagt er leise. Er beginnt, mir von besonderen Momenten aus seiner Zeit im Kraftwerk zu erzählen. Da war der Tag im Jahr 1983, als ein Ingenieur der Abteilung „Technisches Büro“ den Auftrag erhielt, die Menge des Betriebsabwassers zu ermitteln. Obwohl die drei Blöcke schon jahrelang in Betrieb waren, existierten nur Schätzwerte. Der Ingenieur verbrachte drei Tage im Sandfang, um verlässliche Messungen vorzunehmen. „Drei Tage lang war er da unten eingesperrt“, erinnert sich Martin Bock. „Aber am Ende waren alle zufrieden, und die genehmigten Maximalwerte wurden eingehalten.“ Ein anderes Mal, 1984, war Martin Bock gerade zum ersten Mal als Vertreter des Abteilungsleiters in der Abteilung Außenanlagen und Bekohlung tätig, als ein Schaufellader auf dem Kohlenlagerplatz abrutschte und auf der Seite liegen blieb. „Gott sei Dank war der Fahrer unverletzt“, erinnert er sich. „Mit einem Bergungskran haben wir das schwere Gerät wieder aufgerichtet, und der Kraftfahrzeugmeister führte selbst die Reparatur durch. Als der Abteilungsleiter davon erfuhr, gab es großes Lob.“ Auch 1986 gab es ein ungewöhnliches Projekt, als das Kraftwerk begann, Wärme an den Gartenbaubetrieb Marion in Saarlouis zu liefern. Eine 1,5 km lange Doppelleitung wurde gebaut, um das heiße Wasser, das durch die Granulierung der schmelzflüssigen Asche entstand, zu den neuen Wärmetauschern zu leiten. „Dank dieser Wärme blühten die Blumen auch im Winter“, erzählt Martin Bock lächelnd. „Wir bekamen regelmäßig schönen Blumenschmuck als Dank.“ Als Martin Bock mir von all diesen Geschichten erzählt, merke ich nochmal mehr, wie stark die Verbindung der Mitarbeiter zum Kraftwerk war. Für mich war es ein Symbol der Heimat, für ihn und viele andere war es ein Lebensinhalt. Die Türme, die einst so majestätisch in den Himmel ragten, sind nun bereit, Platz für Neues zu machen. Die Sirenen heulen auf und kündigen das bevorstehende Ende an. Ich blicke noch einmal auf die vertrauten Türme, die bald nicht mehr sein werden. Ein tiefer Atemzug, ein letztes Innehalten – und dann, kurz hintereinander, ein ohrenbetäubendes Dröhnen. Die Türme sinken langsam in sich zusammen, Staubwolken steigen auf und hüllen das Gelände in einen dichten Nebel. In diesem Moment wird mir klar, dass auch wenn die physische Struktur verschwindet, die Erinnerungen und Geschichten, die wir mit diesem Ort verbinden, für immer bleiben werden. Martin Bocks Augen glänzen, als der Staub sich legt. „Es ist schwer, Abschied zu nehmen“, sagt er, „aber die Erinnerungen kann uns niemand nehmen – und jetzt ist Zeit für etwas Neues.“ Mit diesen Gedanken verlasse ich das Gelände. Das Kraftwerk Ensdorf ist nun Geschichte, doch die Spuren, die es in unseren Herzen hinterlassen hat, werden weiterleben. [sl] Autorin Sarah Lehnen Adieu, Kraftwerk! Kühlturm fällt … Kamin 1 fällt … Kamin 2 und Entstickungsanlage fallen.

Die VSE-Gruppe baut Zug um Zug an der zukunftsorientierten Energie-Infrastruktur des Saarlandes und liefert damit eine wichtige Grundlage für eine erfolgreiche Transformation des Landes. 8 VSE kontakt | Trends & Themen Als Sinnbild des Wandels und als Ende der fossilen Energiegewinnung steht das ehemalige VSE-Kraftwerksgelände in Ensdorf, auf dem Ende Juni die Kamine des Kohlekraftwerks, der Kühlturm und das Gebäude der Entstickungsanlagen endgültig Platz machten für eine neue digitale Wirtschaftsära des Saarlandes. „Sowohl der forcierte Netz- und Glasfaserausbau als auch die Unterstützung beim Aufbau der kommunalen Wärmeplanung und der E-Ladeinfrastruktur sind unser Beitrag für das Gelingen der Energie-, Wärme- und Verkehrswende im Saarland. Auf dem Weg zur Klimaneutralität bis 2045 unterstützt die VSE-Gruppe den Transformationsprozess mit jährlichen Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe sowie vielfältigen innovativen Produkten und Dienstleistungen“, betonte VSE-Vorstandsmitglied Dr. Stephan Tenge beim Jahrespressegespräch. Vorstandskollege Dr. Hanno Dornseifer erklärte: „Wir helfen als verlässlicher Partner der Kommunen und der regionalen Wirtschaft, das Saarland energetisch und digital zukunftsfähig zu machen. Der verstärkte Einsatz regenerativer Erzeugungskapazitäten, der Ausbau der E-Ladeinfrastruktur, Energie-Effizienzmaßnahmen und Digitalisierung unter besonderer Berücksichtigung der Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit von Energie für Unternehmen, Kommunen und Haushalte bestimmen maßgeblich das Handeln der VSE-Gruppe. Klimawandel und Energieabhängigkeit lassen keine andere Wahl. Damit das gelingt, fordern wir mehr Tempo bei der Umsetzung der Energiewende, schnellere Genehmigungsverfahren und pragmatische Lösungen.“ Zufriedenstellendes Geschäftsjahr Trotz geopolitischer Verwerfungen, einer schwachen Konjunktur und hoher Inflation verzeichnet die VSE AG ein zufriedenstelVSE als Motor für Energiewende, Klimaschutz und Transformation im Saarland

9 Trends & Themen | kontakt VSE lendes Geschäftsjahr und bleibt wirtschaftlich auf Kurs. Die Stromabgabe ist 2023 von 5.173 Gigawattstunden (GWh) auf 4.824 GWh gesunken. Wesentlicher Grund war die geringere Abnahme industrieller Großverbraucher infolge der eingetrübten Wirtschaftslage. Die Gasabgabe nahm von 7.179 GWh auf 7.353 GWh zu aufgrund krisenbedingter Rückverkäufe an Großhändler. Überproportional gestiegen sind dagegen die Umsatzerlöse der VSE-Gruppe von 1.349 Millionen Euro auf 1.856 Millionen Euro. Wesentliche Gründe sind die extreme Verteuerung von Energie an den Beschaffungsmärkten sowie gestiegene Materialkosten. Umsatzsteigernd wirkte sich zudem die verstärkte Nachfrage nach innovativen und energienahen Dienstleistungen und Produkten der VSE-Gruppe aus sowie nach Telekommunikationsdienstleistungen. Obwohl die Marktpreise für Strom und Gas 2023 rückläufig waren, bewegen sie sich auf einem historisch hohen Niveau. Der Wegfall der Energiepreisbremsen und des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auf Energie sorgen dafür, dass die Entlastungen bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern geringer ausfallen. Die geopolitische Lage sowie die konjunkturelle Entwicklung bestimmen maßgeblich die Entwicklung der Strom- und Gasnachfrage; die Energiebeschaffung bleibt somit risikobehaftet. Trotz dieser Risiken blickt die VSE-Gruppe optimistisch in die Zukunft und rechnet weiterhin mit guten Wachstumschancen beim Ausbau von Energie-Effizienz-Maßnahmen, regenerativer Energieerzeugung, E-Mobilität, Wärmelösungen und IKT-Diensten. Millioneninvestitionen für die Energiezukunft Um den wachsenden Anforderungen an die Netzinfrastruktur aufgrund erhöhter Kundenanforderungen, steigender Stromanwendungen für Wärmepumpen, Wallboxen oder Rechenzentren und zunehmender Einspeisung von Strom aus Sonne und Wind gerecht zu werden, investiert die VSE-Gruppe allein in den kommenden drei Jahren rund 360 Millionen Euro. Davon gehen rund 235,4 Millionen in den Ausbau der Energieinfrastruktur; 10,6 Millionen in den Ausbau der Wassernetze und 46,6 Millionen in den Ausbau des Glasfasernetzes. Des Weiteren investiert die VSE-Gruppe rund 24 Millionen in Telekommunikation, rund 35 Millionen in Digitalisierung und Cyber-Sicherheit sowie rund 7 Millionen in Energiedienstleistungen. In den darauffolgenden Jahren sind weitere Millioneninvestitionen in vergleichbarer Größenordnung in Planung. Über 50 Prozent der Aufträge und fast 90 Prozent der Bauarbeiten vergibt die VSE-Gruppe an saarländische Unternehmen. Das sichert Arbeitsplätze in der Region und sorgte 2023 für regionale Wertschöpfungseffekte in Höhe von rd. 263,4 Millionen Euro. Energieerzeugung wird immer grüner Die Nachfrage nach erneuerbarer Energie hat deutlich zugenommen. Saarländische Unternehmen und Privathaushalte setzen vor allem auf die Photovoltaiktechnik. Treibende Faktoren sind der verstärkte Wunsch nach Energieautarkie und Klimaschutz. Die VSE selbst gehört seit vielen Jahren zu den größten Erzeugern regenerativer Energien im Saarland. Sie ist Motor des Ausbaus in der Region mit einem Gesamtinvestitionsvolumen bis dato von rund 134 Millionen Euro. Weitere Projekte in ähnlicher Größenordnung sind derzeit in Sondierung und Projektierung.Mit Partnern ist die VSE an rund 163 Megawatt (MW) installierter Windkraft und Photovoltaik beteiligt. Weitere Projekte von über 80 MW Windkraft – die größten davon in Nohfelden, Wadrill, Losheim und Tholey – sowie 6 MW Photovoltaik wie die Solarparks in Namborn und Rammelfangen sind in Planung. Hoch im Kurs stehen zudem innovative Wärmelösungen bei Kunden aus Industrie, Gewerbe und öffentlichen Einrichtungen. Ob kalte Nahwärme, hybride biogene Wärmeversorgungen mit Pellets oder aus Abwärme sowie Kombinationen aus Wärmepumpen und Solarthermie sind gefragt. Der Energiedienstleister FAMIS kümmert sich um Planung, Umsetzung und Betrieb solcher Anlagen. Die mobile Zukunft ist elektrisch Die VSE-Gruppe ist derzeit größter Betreiber von e-mobiler Ladeinfrastruktur im Saarland mit über 1.000 öffentlichen und privaten Ladepunkten. Die Gruppe plant weitere Millioneninvestitionen für den Ausbau der Ladeinfrastruktur, vor allem in den Ausbau von Schnellladern in entsprechenden Ladeparks. Während FAMIS sich auf die e-mobilen Bedürfnisse von Industrie und Gewerbe konzentriert, bietet energis attraktive Lösungen rund ums Elektroauto für Privatkunden. Das Saarland auf dem Weg in die digitale Zukunft Gemeinsam mit der energis-Netzgesellschaft und der VSE NET baut energis im synergetischen Netzausbau an der Gigabit-Zukunft des Saarlandes. Die Planungs- und Bauphasen laufen in den von energis betreuten Städten und Gemeinden auf Hochtouren. Auf Wachstumskurs befindet sich VSE NET auch außerhalb des Saarlandes: Als Kompetenzcenter für IKT-Dienste im E.ON-Konzern bietet VSE NET Sprachmehrwertdienste und White-Label-Breitbanddienste deutschlandweit an und schließt in Eifel, Hunsrück und Nahe Industrie- und Gewerbekunden an das schnelle Internet an. VSE-Gruppe überzeugt auch als attraktiver Arbeitgeber Ende 2023 beschäftigte die Gruppe 1.656 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, 104 mehr als ein Jahr zuvor. In den kommenden zwei Jahren sollen rund 150 neue Arbeitsplätze vor allem im Netz- und im IT-Bereich hinzukommen. Insgesamt befinden sich in der VSE-Gruppe rund 100 junge Menschen in der beruflichen Erstausbildung. [nea] Weitere Infos: www.vse.de

Wenn das Unwetter tobt und die Pegel bedrohlich steigen, sind es oft die stillen Helden in unserer Mitte, die sich unermüdlich für das Wohl der Gemeinschaft einsetzen. Das Pfingsthochwasser 2024 im Saarland war eine Prüfung für alle, doch es brachte auch das Beste in unserer Region zum Vorschein: In diesen herausfordernden Tagen zeigte sich, wie wichtig gegenseitige Unterstützung ist und dass die Saarländerinnen und Saarländer zusammenhalten. 10 VSE kontakt | Trends & Themen Physiker und Wissenschaftsjournalist: Ranga Yogeshwar Björn Bohnenberger von VSE Verteilnetz und Daniel Müller von der energis-Netzgesellschaft leisteten in ihren Ehrenämtern an diesem Pfingstwochenende gemeinsam mit vielen anderen Saarländerinnen und Saarländern Unglaubliches. Mit unerschütterlichem Engagement und beeindruckender Fachkenntnis waren sie im Einsatz, um die Menschen in ihrer Heimat zu schützen und zu unterstützen. Erfahrungsberichte aus erster Hand Hochwassereinsatz im Saarland Ihre Geschichten zeigen, was unsere Region stark macht: Der Zusammenhalt! In KONTAKT teilen die beiden ihre Erlebnisse rund um Pfingsten und wie sie sich den Herausforderungen des Hochwassers stellten. Diese Berichte sind nicht nur eine Hommage an die beiden Einsatzkräfte, sondern an alle Helferinnen und Helfer, die in schwierigen Zeiten zur Stelle sind. Ihre Hingabe und ihr Einsatz sind ein bewegendes Beispiel dafür, was erreicht werden kann, wenn wir alle zusammenhalten.

Trends & Themen | kontakt VSE 11 Pfingsten 2024 wird für mich und viele andere Menschen im Saarland unvergesslich bleiben. In meiner Funktion als Zugführer beim Technischen Hilfswerk (THW) in Illingen sowie aufgrund meiner Zusatzqualifikation als Technischer Berater Hochwasserschutz und Naturgefahren war ich hautnah in die Ereignisse eingebunden. Bereits am Freitag, den 17. Mai, wurde ich frühmorgens um kurz nach sechs nach Wustweiler alarmiert. Aufgrund meiner zahlreichen Warn- und Wetter-Apps sowie den Erfahrungen aus den Einsätzen zu Beginn des Jahres in Illingen Wustweiler, wusste ich bereits, dass sich eine kritische Lage entwickelte. Ein defekter Regenkanal hatte schon mehrfach zu Überschwemmungen geführt. Während meiner Fahrt nach Wustweiler machte ich mir Gedanken darüber, was uns erwarten würde. Meine Sorge galt besonders den Anwohnerinnen und Anwohnern, die schon öfter Wasser in ihren Gärten und auch in ihren Häusern hatten. Aufgrund der Wettervorhersagen und meiner speziellen Qualifikation übernahm ich diesmal nicht die Leitung des technischen Zuges meines Ortsverbandes, sondern bereitete mich auf meine Rolle als Technischer Berater vor. So konnte ich am Freitag bis Mitternacht neben der Einsatzstelle in Wustweiler auch andere betroffene Gebiete begutachten und Handlungsempfehlungen aussprechen. Am frühen Samstagmorgen wurde ich gemeinsam mit einem Kollegen aus einem anderen Ortsverband als Ablösung in den operativ-taktischen Stab des Regionalverbandes Saarbrücken alarmiert. Dort wechselten wir uns im 12-Stunden-Rhythmus ab, um die Entscheidungsträger über die Möglichkeiten und Fähigkeiten des THW zu beraten und die Umsetzung der übertragenen Aufgaben zu veranlassen. Eine besondere Herausforderung stellte die schwierige Verkehrssituation dar, da viele Straßen gesperrt und blockiert waren. Zudem mussten die Einsatzaufträge priorisiert werden, da mehr Schadensmeldungen eingingen als Einsatzkräfte und Mittel zur Verfügung standen. Trotz dieser schwierigen und außergewöhnlichen Umstände war es beeindruckend zu sehen, wie gut und konstruktiv alle Akteure zusammenarbeiteten. Teil dieser Gemeinschaft zu sein, war für mich eine wertvolle Erfahrung. Dieser Einsatz hat mir persönlich nochmal bewusst gemacht, wie wichtig ein intaktes Familienumfeld ist. Die Unterstützung meiner Familie ist entscheidend, um in solch großem Umfang Hilfe leisten zu können. Außerdem hat mir die Situation vor Augen geführt, wie wichtig private Vorsorgemaßnahmen sind. Es ist nicht unerheblich, für einige Tage ohne Einkauf auskommen zu können, um nicht direkt auf externe Hilfe angewiesen zu sein. Die Hochwasserlage zu Pfingsten 2024 war eine Herausforderung, die wir dank der guten Zusammenarbeit aller Beteiligten und der Unterstützung unserer Familien bewältigen konnten. Ich bin stolz darauf, Teil dieser Einsatzkräfte zu sein und meinen Beitrag geleistet zu haben. [bb/sl] In der Woche vor dem schweren Starkregenereignis war ich im Ausbildungszentrum des THW in Hoya und besuchte dort einen einwöchigen Lehrgang zum „Ausbilder Maschinist SEA“. Dieser Lehrgang qualifiziert mich, zukünftige Einsatzkräfte im Umgang und Betrieb mit größeren Stromerzeugungsaggregaten auszubilden. Bereits während des Lehrgangs bekam ich mit, wie sich die Lage bei uns zuhause in St. Wendel entwickelte. Am Freitagmorgen, nachdem ich die Prüfung erfolgreich bestanden hatte, brach ich um 9:30 Uhr in Hoya auf und fuhr sofort nach St. Wendel. Dort übernahm ich um 16 Uhr die Einsatzleitung, die zusammen mit der Feuerwehr bei uns aufgebaut wurde. In meiner Funktion als Zugführer bin ich verantwortlich für alle unsere Einheiten und Helfenden, insgesamt rund 60 Einsatzkräfte und vier Fachgruppen mit speziellen Fähigkeiten. Unsere erste Aufgabe bestand darin, die eingehenden Schadensmeldungen zu priorisieren und abzuarbeiten. Klassische Aufgaben waren das Pumpen und der Sandsackverbau, aber auch der Transport von Material und Personen mit entsprechenden Fahrzeugen. Wir unterstützten auch die Stadtwerke St. Wendel mit Materialien unserer Fachgruppe Elektroversorgung, um Ortsnetzstationen zu sichern und mit Sandsäcken zu verteidigen. Da die eingesetzten Kräfte aus unserem Ortsverband bald am Maximum arbeiteten, alarmierten wir weitere Ortsverbände zur Unterstützung. Der Ortsverband Nohfelden, in dem mein Arbeitskollege Tobias Laub als Kraftfahrer eingesetzt war, kam mit seiner Mannschaft zu uns, um beim Füllen von Sandsäcken zu helfen. An diesem Abend verarbeiteten wir insgesamt 18 Kubikmeter Sand. Der Einsatz ging für mich das ganze Wochenende weiter. Nachdem in St. Wendel die Pegel gesunken waren, fuhr ich mit unserem Baufachberater zu mehreren Einsatzstellen im Saarland, um Gebäude, Brücken und Stützwände zu beurteilen und Einsatzoptionen abzuwägen. So arbeiteten wir beispielsweise in Mettlach mit dem Abwasserwerk zusammen, um das Vorgehen bei einem gebrochenen Druckwasserkanal zu besprechen. Der Hochwassereinsatz hat mir erneut gezeigt, wie wichtig schnelle und koordinierte Hilfe ist. Es war beeindruckend zu sehen, wie alle beteiligten Kräfte zusammenarbeiteten, um die Herausforderungen zu bewältigen. Die Unterstützung und Zusammenarbeit mit anderen Ortsverbänden war entscheidend für den Erfolg unserer Maßnahmen. Ich bin froh, Teil dieser engagierten Gemeinschaft zu sein und gemeinsam etwas bewirken zu können, wenn Not am Mann ist. [dm/sl] Weitere Infos: bjoern.bohnenberger@vse-verteilnetz.de daniel.mueller@energis-netzgesellschaft. de Schnelle und koordinierte Hilfe ist entscheidend! Ein Bericht von Daniel Müller, Mitarbeiter der energis Netzgesellschaft Private Vorsorgemaßnahmen sind nicht zu unterschätzen! Ein Bericht von Björn Bohnenberger, Mitarbeiter der VSE Verteilnetz

12 VSE kontakt | Trends & Themen Rechtliche Grundlagen und Verantwortlichkeiten Der Energieversorger bzw. Netzbetreiber ist für sein Gasnetz nur bis zur Hauptabsperrarmatur verantwortlich. Wenn es darum geht, einen Hausanschluss komplett zu entfernen, indem der Netzanschluss von der Hauptversorgungsleitung abgetrennt wird, ist das Sache des Netzbetreibers. Alles, was in Richtung des Gasstroms nach der Hauptabsperreinrichtung verbaut ist (bis auf den Zähler), befindet sich im Verantwortungsbereich des Hauseigentümers und unterliegt der Technischen Regel für Gasinstallationen (TRGI). Solange auch nur ein Leitungselement hinter der Hauptabsperreinrichtung verbleibt, das mit dem Versorgungsnetz verbunden ist, verfügt der Kunde im juristischen Sinne über eine Gasinstallation, die in Betrieb ist. Auch hier unterliegt er den Bestimmungen des technischen Regelwerks, z. B. der Gebrauchsfähigkeitsprüfung alle zwölf Jahre. Selbst wenn die Anlage durch Schließen des Gashaupthahns außer Betrieb gesetzt ist, ändert sich daran nichts. Stadtwerke beraten Experten gehen davon aus, dass Hauseigentümer, die noch eine Erdgastherme betreiben, jetzt verstärkt planen, diese durch eine alternative Heiztechnik ersetzen zu lassen. Oft erwecken da attraktiv klingende Komplettpakete externer Anbieter den Eindruck, der Kunde müsse sich um nichts weiter kümmern. Dem ist mitnichten automatisch immer so. Um auf Nummer sicher zu gehen, sollten Kunden, bei denen Fragen oder Unsicherheiten aufkommen, zuallererst das Angebot ihres Netzbetreibers nutzen und sich verlässlich und umfassend informieren lassen. Um Gefahren, gravierende juristische Nachteile oder ärgerliche Missverständnisse Allmählich gewinnt die Transformation des Gebäudesektors an Fahrt. Immer mehr Hausbesitzer ersetzen beispielsweise ihre Erdgasheizung durch eine alternative, klimafreundliche Heiztechnik wie die Wärmepumpe. Dabei sind sie gut beraten, ihr Augenmerk auf Zuständigkeiten und Vorschriften zu legen, die das rechtssichere und fachgerechte Außerbetriebnehmen ihrer Erdgastherme regeln. Was beim Austausch einer Erdgastherme zu beachten ist Heizungswechsel – worauf es ankommt

Trends & Themen | kontakt VSE 13 vermeiden zu helfen, informieren Netzbetreiber Hausbesitzer jetzt aktiv über deren grundlegenden Pflichten. Sie erklären vor allem, welche Fallstricke lauern und worauf beim rechtssicheren und fachgerechten Stilllegen einer Gasheizungsanlage primär zu achten ist. Kunde in der Verantwortung Knackpunkt ist, dass externe Unternehmen häufig Installateure von außerhalb des Saarlandes „mitbringen“ und beauftragen, die Gastheizungsanlage stillzulegen. Letzteren fehlt jedoch oftmals die dafür erforderliche Anmeldung beim VEWSaar. Das heißt, dass diese Installateure ohne Anmeldung im Saarland gar nicht befugt sind, Arbeiten an der Gasinstallation vorzunehmen. Wenn dann etwas im Zusammenhang mit der Stilllegung einer Gasheizungsanlagen schiefgeht, haftet der, der die Verantwortung trägt. Und das ist – von der Hauptabsperreinrichtung an bis zum Kessel – niemand anderes als der Kunde. Wenn vom Anbieter der Hinweis kommt, sich in Sachen „Stilllegung Erdgas-Hausanschluss“ an den Netzbetreiber zu wenden, könnte dies den Kunden aufgrund von überraschenden Extrakosten irritieren. Denn Netzbetreiber stellen die Verwahrung des Netzanschlusses inklusive der Maßnahmen zur Manipulationssicherung gesondert in Rechnung. Gasdicht verschließen oder demontieren lassen Der Anschlussnehmer im Saarland hat nach dem fachgerechten Ausbau von Zähler und ggf. Regler zwei Optionen, die Gasheizungsanlage stilllegen zu lassen: Entweder er lässt die Installationsleitung gasdicht verschließen (mit Manipulationssicherung), sofern er sie für eine spätere Nutzung, z. B. einen Gasherd, noch beibehalten will. Oder er entscheidet sich für eine Stilllegung und füllt den obligatorischen Demontageantrag über das Formular auf der Website des VEWSaar aus, bevor er die Haus-Inneninstallation abklemmen, d. h., demontieren und stilllegen lässt. In beiden Fällen muss für alle Arbeiten an der Gasinstallation ein Installateur vor Ort sein, der beim VEWSaar angemeldet ist. Die aktuelle Liste aller beim VEWSaar angemeldeten und damit autorisierten Installateurbetriebe steht auf der Website des VEWSaar unter dem beigefügten QR-Code zum Download bereit. [tj.]

14 VSE kontakt | Trends & Themen Viel Unsicherheit beim Thema Wasserstoff Die Weichen für eine nachhaltige Zukunft mit Wasserstoff im Saarland seien gestellt, obwohl die verbindlichen politischen Rahmenbedingungen noch fehlen, betonte Wirtschaftsminister Jürgen Barke zu Beginn des Kongresses. Ob nun Herstellung, Transport, Anwendung oder Ausbildung, die unterschiedlichen Akteure entlang der Wertschöpfungskette arbeiten mit Hochdruck daran, dass Wasserstoff im größeren Stil ab 2027/28 für die saarländische Stahlindustrie als vorrangiger und erster Abnehmer zur Verfügung steht und zwar pipelinegebunden über das rund 100 km lange grenzüberschreitende Infrastrukturprojekt „mosaHYc“ (Moselle Sarre HYdrogen Conversion). Sowohl der französische Gasnetzbetreiber GRTgaz als auch der deutsche Netzbetreiber Creos Deutschland zeigen sich optimistisch, den vorgegebenen Zeitplan einzuhalten. Auf der Erzeugungsseite mittels Elektrolyseure stehen mit GazelEnergie im französischen St. Avold sowie mit Iqony am Standort Völklingen-Fenne und mit RWE in Dillingen potentielle Hersteller von Wasserstoff in den Startlöchern. Geplante 400 bis 500 Megawatt Leistung reichen allerdings bei weitem nicht aus, um den künftigen Bedarf von 350.000 Tonnen Wasserstoff pro Jahr zu decken. Drei Gigawatt Leistung wären dafür vonnöten. Eine Produktion vor Ort durch lokale erneuerbare Energien ist im Saarland sowieso nicht darstellbar. Umso wichtiger ist es, dass das regionale Netz mosaHYc in das europäische Wasserstoffnetz in Richtung Frankreich und Spanien, an Benelux sowie an Deutschland eingebunden werden soll. Im südspanischen Andalusien kann grüner Wasserstoff mittels Wind- und Sonnenenergie deutlich kostengünstiger hergestellt werden. Gleiches gilt für Wasserstoff aus skandinavischen Ländern mittels Wasserkraft. „Grüner Wasserstoff ist wichtig für die Transformation, vielseitig einsetzbar, aber zu teuer“, erklärt Alexander Scholz vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie, geht aber mittel- bis langfristig von Kostensenkungen aus. Wasserstoff – der Stoff aus dem die Träume sind Politik und Wirtschaft sehen im grünen Wasserstoff einen wichtigen Baustein für die Energiewende. Doch die technologische Machbarkeit stößt an ihre wirtschaftlichen Grenzen: Grüner Wasserstoff mit Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt ist in Deutschland derzeit schlichtweg zu teuer und damit nicht wettbewerbsfähig. Es gibt keinen Markt, es herrschen viele Unsicherheiten, es fehlt an Pragmatismus und ohne öffentliche Förderung läuft nichts. Hinzu kommt das „deutsche Schneckentempo“ bei der Umsetzung mit unzähligen Genehmigungs- und Zertifizierungsverfahren. Und trotzdem gibt es eine Reihe von Initiativen, vielversprechenden Unternehmen sowie Optimismus, bis 2030 den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft hinzubekommen. Über das „Wie“ diskutierten Fachleute aus Deutschland und der Großregion auf dem 1. Saarländischen Wasserstoffkongress Ende Mai im Schloss Saarbrücken. Veranstalter waren das Institut für ZukunftsEnergie- und Stoffstromsysteme IZES und die saarländische Wasserstoffagentur H2saar.

Trends & Themen | kontakt VSE Oben von links: Dr. Bettina Hübschen, Oliver Antoni und Prof. Frank Baur mit Minister Jürgen Barke. Unten v.l.: Prof. Dr. Fridjof Staiß, Werner Diwald 15 Am Preis scheiden sich halt die Geister. Das hat auch die Potentialanalyse der saarländischen Wasserstoffagentur in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Technik und Wirtschaft gezeigt. Zwar sei das Interesse an Wasserstoff bei den 33 befragten Unternehmen mit insgesamt 53 Standorten im Saarland riesig, aber nur wenn der Preis für ein Kilogramm Wasserstoff unter 5 Euro betrage, so Dr. Bettina Hübschen, Geschäftsführerin von H2saar. Derzeit liegen die Produktionskosten in Deutschland über 10 Euro. Ohne finanzielle Förderung läuft also nichts, zumal auch noch verbindliche politische Rahmenbedingungen fehlen und der Bund derzeit keine weiteren Haushaltsmittel für die Wasserstoffwirtschaft zur Verfügung gestellt hat. Planungssicherheit für Investitionen sieht anders aus, zumal die deutschen Wirtschaftsbosse immer zuerst wissen wollen, wann sich ein Projekt rechnet. Kommt hinzu, dass es derzeit keinen Markt und keinen Handel für grünen Wasserstoff gibt, lediglich hypothetische Annahmen, eine erste Auktion und viel zu wenig Risikokapital in Deutschland. Abnahmeverträge mit einem festgelegten Preis für mindestens zehn Jahre, ein besserer Schutz in der EU vor Produkten, die nicht nachhaltig erzeugt wurden, oder eine „schmerzhafte“ CO2-Besteuerung sowie Anreize für Investitionen könnten für Abhilfe sorgen, so das Fazit von Vertretern aus Unternehmen zur Herstellung von Wasserstoff. Viele Regelungen wie das Wasserstoff-Beschleunigungsgesetz seien schon auf dem Weg, betont Oliver Antoni von der Stiftung Umweltenergierecht. Dass Wasserstoff zum Beispiel in den Kommunen nur eine untergeordnete Rolle spiele, liege vor allem daran, dass die allermeisten Städte und Gemeinden noch über keine belastbare Wärmeplanung verfügen. „Das Thema Wasserstoff ist mit einer hohen Unsicherheit belastet.“ Wasserstoff werde allerdings auf absehbare Zeit für den Wärmemarkt und für den Individualverkehr mit PKW keine nennenswerte Rolle spielen, betonte Prof. Dr. Frithjof Staiß vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung aus Baden-Württemberg. „Wasserstoff ist für Großabnehmer wie die Stahl-, Chemie-, Düngemittelindustrie- oder Energiewirtschaft mit Heizkraftwerken eine Alternative. Für Haushalte stehen genügend günstigere Alternativen bei der Wärmeversorgung zur Verfügung.“ Wasserstoff-Modellregion Geht es nach den Vorstellungen der saarländischen Landesregierung, soll das Saarland Wasserstoff-Modellregion werden. Trotz hoher Vorleistungen des Landes und der verbindlichen Zusage von 2,5 Milliarden Euro aus Bundesmitteln für die saarländische Stahlindustrie bleibt der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft bis 2030 eine enorme Herausforderung. „Es gibt viele innovative Projekte, die aber noch nicht finalisiert sind“, sagt Dr. Bettina Hübschen. „Wir müssen schneller in die Umsetzung kommen.“ Vielversprechend stehen dafür auf der Anwenderseite beispielsweise die Kooperation zwischen dem Kugelhahnspezialist MHA Zentgraf aus Merzig und dem Prüflabor Mecadi aus Bexbach oder die Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Zerstörungsfreie Prüfverfahren in Saarbrücken. Pragmatische Lösungen wie die Beimischung von Wasserstoff ins Gasnetz oder der Transport per Schiff und Bahn von Wasserstoff-Derivaten wie Ammoniak oder Methanol, der beschleunigte Ausbau der Stromnetze für den Transport von grünem Strom oder die verbesserte Nutzung von Speichermöglichkeiten von Wasserstoff könnten der Wasserstoffwirtschaft in Deutschland Beine machen. Zwar gibt es im Saarland aufgrund der bergbaulichen Gegebenheiten keine Speichermöglichkeiten von Wasserstoff, aber Norddeutschland und die Niederlande verfügen über geeignete Lagerstätten wie die Salzstöcke. „Wasserstoff muss eh im europäischen Rahmen gedacht werden“, so Werner Diwald, Vorsitzender des Deutschen Wasserstoffverbands. „Europa kann viel! Es hat Speichermöglichkeiten mit erprobter Technik, reichlich Sonne und Wind im Süden und Wasser im Norden, innovative und erfahrene Unternehmen sowie eine vorhandene Netzinfrastruktur.“ Es wird einen Innovationswettlauf mit China und den USA geben und Europa, insbesondere Deutschland, sollte nicht den Fehler der Solarenergie wiederholen. Heutzutage stammen fast alle in Deutschland verbauten Solarzellen aus China. Die Bürgerinnen und Bürger mitnehmen, sie über Risiken der Technik aufklären, Netzwerke gründen und Wasserstoff als Chance begreifen, das gehört mit zu den Aufgaben der saarländischen Wasserstoffagentur. Möglichkeiten dazu boten sich in der bundesweiten Woche des Wasserstoffs Mitte Juni mit unterschiedlichen Veranstaltungen auch im Saarland. [nea]

Kommunale Wärmeplanung in Rehlingen-Siersburg Pilotprojekt für saarländische Gemeinden 16 Die Gemeinde unterzeichnete im Januar 2024 einen Kooperationsvertrag mit der energis GmbH für das Pilotprojekt „Kommunale Wärmeplanung“. Dabei soll eine kommunale Wärmeplanung in der Gemeinde Rehlingen-Siersburg erstellt und bei der Umsetzung wertvolle Erfahrungen auch für andere Kommunen gesammelt werden. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen dazu beitragen, zukünftige Wärmeplanungen im Saarland noch effizienter zu gestalten. Im Fokus des Projekts steht die gemeinsame Steuerung und Erarbeitung der Wärmeplanung, um alle relevanten Akteure einzubeziehen und einen umfassenden Wärmeplan für die Gemeinde zu erstellen. Bürgermeister Joshua Pawlak betonte, wie wichtig es für Rehlingen-Siersburg ist, in diesem Projekt einen verlässlichen Partner an der Seite zu haben: „Wir sind froh, dass wir dieses Projekt mit unserem langjährigen Partner energis durchführen können. Gemeinsam werden wir einen strategischen Fahrplan für eine nachhaltige Wärmeversorgung entwickeln und können hierbei auf die bereits seit Jahren sehr gute Zusammenarbeit aufbauen.“ Ein zentraler Aspekt des Projekts ist die digitale Erstellung des kommunalen Wärmeplans. Durch den Einsatz moderner Technologien wird die Transparenz der Ergebnisse erhöht und zukünftige Anpassungen werden erleichtert. Hierbei setzt die Gemeinde Rehlingen-­ Siersburg neben der energis auch auf deren Kooperationspartner greenventory GmbH aus Freiburg, einem unabhängigen und erfahrenen Akteur auf dem Gebiet der Wärmeplanung. Michael Dewald, Geschäftsführer der energis, sieht in der Kooperation große Vorteile für die Kommunen: „energis als langjähriger kommunaler Partner möchte Die Gemeinde Rehlingen-Siersburg hat einen wichtigen Schritt in Richtung einer nachhaltigen Wärmeversorgung gemacht. VSE kontakt | Strategie & Zukunft

17 Strategie & Zukunft | kontakt VSE Weitere Infos: konzernbetriebsrat@vse.de Weitere Infos: martin.backes@energis.de Beispiel für die gesetzlich vorgeschriebene Wärmeplanung in anderen saarländischen Kommunen sein kann. „Rehlingen-Siersburg wurde als Standort für das Pilotprojekt ausgewählt, da es die Netzstruktur einer typischen Gemeinde im Saarland gut abbildet“, so Michael Dewald. „Und die Gemeinde wird im Rahmen des Projektes engagiert daran arbeiten, die Ergebnisse und Erfahrungen nicht nur für die Entwicklung der eigenen Gemeinde zu verwenden, sondern den Nutzen der umgesetzten Maßnahmen auch für andere Kommunen zur Verfügung zu stellen. Ziel ist es, die Transformation der Theorie in die Praxis zu überprüfen und wertvolle Erkenntnisse zu gewinnen“, hob Bürgermeister Joshua Pawlak die Rolle seiner Gemeinde hervor. Gestartet ist das Projekt im Februar mit einem Kick-off Meeting, an dem alle Projektbeteiligten teilnahmen. Dort wurden die Ziele und Vorgehensweisen im Projekt besprochen und festgelegt, so dass in den folgenden Wochen Details auf Arbeitsebene abgestimmt und erste Daten erhoben werden konnten. Im April fand außerdem eine Bürgerversammlung in der Kultur- und Sporthalle Rehlingen statt, um allen interessierten Bürgerinnen und Bürgern der Gemeinde den aktuellen Sachstand zu erläutern, die Vorgehensweise im Projekt vorzustellen und offene Fragen zu beantworten. Außerdem erläuterten Bürgermeister Joshua Pawlak sowie Martin Backes von der energis GmbH und Ralf Derr von der VSE AG, den zeitlichen Ablauf des Projektes. Bürgermeister Pawlak äußerte sich optimistisch über die Durchführung des Projektes und gab bekannt, dass die Präsentation der Ergebnisse für Anfang 2025 geplant sei. [sl] zusammen mit den Kommunen an der Wärmeversorgung der Zukunft arbeiten. Unser Partner greenventory bringt dabei die notwendige Unabhängigkeit und Erfahrung zur Erstellung der kommunalen Wärmeplanung mit.“ Die kommunale Wärmeplanung spielt eine entscheidende Rolle bei der Erreichung des von der Bundesregierung festgelegten Ziels der Treibhausgasneutralität in der Wärmeversorgung bis 2045. Der Einsatz erneuerbarer Energien vor Ort und die Reduzierung des Wärmeverbrauchs tragen nicht nur zur Versorgungssicherheit bei, sondern auch zur langfristigen Preisstabilität und zur lokalen Wertschöpfung in der Energieversorgung. Die Gemeinde Rehlingen-Siersburg und die energis sind zuversichtlich, dass das Pilotprojekt „Kommunale Wärmeplanung“ einen wichtigen Beitrag zur zukünftigen Wärmeversorgung leisten wird und damit Kickoff-Meeting zur kommunalen Wärmeplanung mit allen Projektbeteiligten im Rathaus Rehlingen-Siersburg.

VSE kontakt | Strategie & Zukunft 18

KONTAKT hat bei Dr. Hanno Dornseifer nachgefragt, ob die Klimaziele bis 2030 tatsächlich zu erreichen sind und was wir dafür tun müssen. Der Bankkaufmann und promovierte Jurist Dornseifer ist Vorsitzender des Verbands der Energie- und Wasserwirtschaft des Saarlandes VEWSaar e. V., Mitglied des Vorstands der VSE AG, Präsident der IHK Saarland und Saarlandbotschafter. Herr Dr. Dornseifer, bis 2030 rund 80 % Strom aus Erneuerbaren Energien, Atom- und Kohleausstieg besiegelt, das ist schon eine Hausnummer. Was heißt das für die Sicherheit der Stromversorgung in Deutschland? Wir brauchen mehr Begeisterung für die Energiewende und wir müssen unser Ausbautempo mindestens verdoppeln, sonst sind die vorgegebenen Klimaziele bis 2030 schwerlich zu erreichen. Wenn wir 80 Prozent unseres Bruttostromverbrauchs - das waren nach Angaben des Branchenverbands BDEW in Deutschland 520 Milliarden Kilowattstunden (kWh) im Jahr 2023 - aus Erneuerbaren Energien decken wollen, sind 360 Gigawatt (GW) installierte Leistung notwendig. Anders ausgedrückt: 215 GW aus Photovoltaik, 30 GW aus Wind offshore und 115 GW Wind onshore. Wir haben in den letzten 25 Jahren beim Ausbau im Durchschnitt jedes Jahr 2,2 Prozent regenerative Erzeugungskapazitäten installiert. Jetzt kommt hinzu, dass der Bruttostromverbrauch in Deutschland aufgrund der zunehmenden Elektrifizierung wie E-Mobilität mit 15 Millionen E-Fahrzeugen, 6 Millionen Wärmepumpen, Rechenzentren, 10 GW Elektrolyse-Leistung zur Wasserstoffherstellung usw. auf ca. 750 Milliarden kWh bis 2030 steigen wird. Wir müssten die Zubaugeschwindigkeit auf mindestens 4,5 Prozent pro Jahr erhöhen. 80 Prozent Erneuerbare beziehen sich 2030 schließlich auf 750 Milliarden kWh Stromverbrauch. Das sind nur die reinen Zahlen und wir haben unsere Zubauziele schon 2022 und 2023 verfehlt. Die Klimaziele Deutschlands sind ehrgeizig: Bis 2030 sollen 65 Prozent CO2 gegenüber 1990 eingespart werden und 80 Prozent des Bruttostromverbrauchs sollen aus regenerativer Energieerzeugung stammen. Eine gigantische Kraftanstrengung und das wohl größte Investitionsprogramm seit Bestehen der Bundesrepublik mit 600 Milliarden Euro wären vonnöten. Wir schaffen das, sagen die kühnsten Optimisten. Wir schaffen das nicht, die Pessimisten. Wir sind auf dem richtigen Weg, die Realisten. Wie soll das innerhalb von sechs Jahren gelingen, wenn schon die Genehmigungen zum Beispiel für eine Windkraftanlage teilweise länger dauern? Ein Ding der Unmöglichkeit. Die Herausforderungen sind riesig. Um einmal die genannten Zahlen ins richtige Verhältnis zu setzen: Die Erneuerbaren Energien haben letztes Jahr ca. 20 Prozent zum gesamten Primärenergieverbrauch in Deutschland beigetragen. Die Wärme- und Verkehrswende sind daher noch gar nicht berücksichtigt, wenn wir von der Energiewende sprechen. Trotzdem: die Klimaziele sind Primat der Politik und damit gesetzt. Es gibt verschiedene Stellschrauben, um zumindest auf dem Weg zur Klimaneutralität – 65 Prozent weniger CO2 bis 2030 und 100 Prozent bis 2045 – schneller voranzukommen. Wichtig ist, die Menschen dabei mitzunehmen, sie nicht zu überfordern, sondern sie von der Sinnhaftigkeit der Energiewende zu überzeugen und sie zu motivieren mitzumachen. Ein kommunikatives Desaster wie beim Gebäudeenergiegesetz, bekannt als Heizungsgesetz, darf sich nicht wiederholen. Das hat nur verunsichert, so richtig und wichtig das Gesetz in seiner Absicht auch ist. Des Weiteren sollten wir uns von Kritikern und Pessimisten die Energiewende nicht kaputtreden lassen, selbst wenn wir nicht alle Ziele in der Kürze der Zeit so erreichen, wie die Politik sich das vorstellt. Wir brauchen auf jeden Fall schnellere Genehmigungsverfahren und vor allem mehr Flächen, sonst wird das nichts mit dem massiven Zubau an Photovoltaik und Windrädern. Ein Vorschlag wäre die Schaffung von Kompetenzzentren besetzt mit Ingenieuren und Verwaltungsfachleuten, die die Genehmigungsverfahren beschleunigen. Das wird inzwischen erkannt und diskutiert und selbst die Möglichkeiten der Rechtswege wurden eingeschränkt, um jahrelange Verfahren zu vermeiden. Strategie & Zukunft | kontakt VSE 19 Mehr Tempo bei Energiewende gefordert Der steinige Weg in Deutschland

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