kontakt 02/2023

intern | kontakt VSE eingewiesen, sodass er zwei Tage später seine Heimreise antreten konnte. Von nun an hieß es für einen weiteren THW-Kameraden aus der Nähe von Hannover und mich, das Camp am Leben zu halten, es jeden Tag ein bisschen besser zu machen und die UN zu unterstützen, denn das Camp wurde dauerhaft von drei UN-Mitarbeitern und zwei lokalen Fahrern bewohnt. Um das Camp herum entstand zudem ein Containerdorf für die Bevölkerung. Zu unseren Aufgabenbereichen gehörte z. B. die Kontrolle der Essens- und Wasservorräte, das Herrichten von Zelten und Schlafplätzen für UN-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter, die in der Regel bis zu drei Tage bei uns zu Gast waren, aber auch die Instandhaltung der Zelte, der Wasserversorgung, der Container und die Sicherheit des Camps. Da mich aber auch mein Kollege aus Hannover wenige Tage später verlassen musste, war ich zunächst einmal der einzige verbliebene Deutsche in einem internationalen Team, dessen Mitglieder aus ganz verschiedenen Ländern wie Spanien, Syrien, Türkei, Amerika, Eritrea, Mali, China, Frankreich, Finnland und von den Philippinen stammten. Anschluss an die Kanalisation Eine meiner wichtigsten Aufgaben war es, das Camp an die Kanalisation anzuschließen. Dabei war meine Erfahrung als Baubetreuer bei der energis-Netzgesellschaft von großem Vorteil. Nach der Planung, an welcher Stelle und mit welchem Material der Kanal angeschlossen werden sollte, wurde ich von einem einheimischen Baggerfahrer und von der Bevölkerung hervorragend unterstützt, sodass der Anschluss ohne Probleme fertiggestellt werden und die Toilette von einer Trocken-Campingtoilette auf eine normale Wassertoilette umgestellt werden konnte, was das Leben im Camp um einiges einfacher und angenehmer gemacht hat. Aber auch kleinere Arbeiten wie die Instandsetzung von Holzwegen, die über die Wassergräben gebaut wurden, die zum Schutz der Zelte vor Regen nötig waren, oder die Beleuchtung der Wege bei Nacht gehörten zu unseren Aufgaben. Da auch die UN rasch gemerkt hat, dass ich durch die Ausbildung beim Technischen Hilfswerk und durch meine berufliche Expertise großes Fachwissen im Bereich Elektrotechnik habe, wurde ich auch des Öfteren in beratender Funktion bei Ortsbegehungen für neue Container-Dörfer mitgenommen. So konnte ich die optimalen Örtlichkeiten für die neuen Ortsnetz-Stationen festlegen oder auch die Elektrik in kleinen Bauerndörfern auf ihre Sicherheit überprüfen, damit dort kein Feuer in den Containern ausbrechen konnte. Unterstützung aus Rheinland-Pfalz Nachdem ich etwa anderthalb Wochen vor Ort war, hatten wir im Camp ein größeres Problem mit der IT, das ich nicht selbst reparieren konnte. Deshalb ist unsere IT-Expertin Alex aus dem Ortsverband Kaiserslautern zu uns ins Camp gekommen und hat sich der Sache mit Erfolg angenommen. Kurz vor meiner Abreise am 3. Mai erreichte meine Ablösung aus Finnland das Camp, das ohnehin eine Woche später aufgelöst wurde. An meinem letzten Tag durfte ich noch einen Akkuschrauber des THWs an meine neuen Freunde des örtlichen Katastrophen-Schutzes „AFAD“ übergeben, weil ich mit der Einheit aus der Stadt Samsun während meines Einsatzes sehr gut zusammengearbeitet habe und immer mit Maschinen und Tipps unterstützt wurde. Zurück in die Heimat Nach einem sehr familiären Abschluss-Barbecue ging es am 3. Mai für mich zurück nach Gaziantep. Dort habe ich nachts im Hotel noch ein stärkeres Nachbeben gespürt. Das war ein sehr befremdliches Gefühl, denn obwohl das Epizentrum über 200 Kilometer entfernt war, bewegte sich das Wasser in meinem Glas ganz plötzlich und die Erschütterungen waren deutlich spürbar. Am 4. Mai flog ich von Gaziantep über Istanbul nach Frankfurt, wo ich von drei Kollegen aus meinem heimischen Ortsverband in Empfang genommen wurde. Gemeinsam ging es zurück nach St. Wendel. Obwohl ich froh bin, wieder zu Hause zu sein, möchte ich die Erfahrungen, die ich im Katastrophengebiet gemacht habe, auf keinen Fall missen. Vor allem die Dankbarkeit der Menschen, die so Schreckliches erlebt haben, war in jeder Sekunde spürbar und das war mein größter Lohn. [md] Camp Kahramanmaraş V.l.nr.: Thomas Sasse (THW Hannover), Daniel Müller (THW St. Wendel), Nico Hager (THW Andernach) Weitere Infos: energis-netzgesellschaft mbH daniel.mueller@energis-netzgesellschaft.de 51

RkJQdWJsaXNoZXIy NTg2OTg=