Herr Minister, wie sieht derzeit die Energiesituation in Luxemburg aus? Die Krise auf den Energiemärkten hat bereits mit der Corona-Pandemiebegonnen und wurde mit dem Ukraine-Krieg deutlich verschärft. Das zeigt sich in den extremen Preisschwankungen, deren Auswirkungen wir auch in Luxemburg spüren. Die Versorgungssicherheit ist derzeit gewährleistet, aber niemand kann genau vorhersagen, wie sich das bei einem Gas-Lieferstopp Russlands auswirken wird. In Kooperation mit unserenNachbarstaatenBelgien, Frankreich, Deutschland sowie denNiederlanden, Österreich und der Schweiz koordinieren wir, wie wir die Speicherung von Gas verstärken können. Wir sind besser, wenn wir grenzüberschreitend zusammenarbeiten. Auf europäischer Ebene wird das über die Gas Coordination Group gewährleistet. Die Diversifizierungder Erdgasversorgungsowie der konsequente Ausbau von erneuerbaren Energien sind eine dringendeNotwendigkeit in der EU. Wie stark ist Luxemburg von russischem Gas abhängig? Rein physisch betrachtet, deutlich weniger als Deutschland. Wir werden über eine Gaspipeline aus Belgien versorgt, die im belgischen Zeebrugge direkt aus Norwegen kommt. Außerdem gibt es dort Flüssiggasterminals. Laut Eurostat haben wir 2020 rund 27 % des Gases aus Russland erhalten, etwas weniger als aus Norwegen. Markttechnisch betrachtet, wären wir in der Lage, Gas überall einzukaufen. Wie sieht die Entwicklung beimStrom aus? Rund 80 % unseres Stroms stammt aus demAusland, vornehmlich ausDeutschland. Bei den restlichen 20%nutzenwir verstärkt regenerative Energien wie Windenergie, Solarenergie und Wasserkraft. Bis 2030 wollen wir den Anteil der Erneuerbaren am Energiewende in Luxemburg beschleunigen, aber wie? Anke Rehlinger, Ministerpräsidentin des Saarlandes Claude Turmes, Minister für Energie und Raumordnung in Luxemburg KONTAKT hatmit Claude Turmes gesprochen, wie das erreicht werden könnte. Der 1960 in Diekirch geborene Turmes ist seit Dezember 2018 Minister für Energie undRaumordnung inderKoalitionsregierung Bettel. Von 1999 bis 2018 war er Mitglied im Europäischen Parlament, u. a. in den Ausschüssen für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit sowie für Industrie, Forschung und Energie tätig. DerUmweltaktivist undehrenamtliche Leiter vonUmweltvereinen istMitbegründer des Klimabündnisses Lëtzeburg. 22 VSE kontakt | Interview Luxemburgs Energieabhängigkeit vomAusland ist extrem hoch: 100 Prozent bei Öl und Gas, 80 Prozent bei Strom. Da wundert es kaum, dass Energieminister Claude Turmes von den Grünen alle Register zieht, umbei der Energieversorgung unabhängiger zu werden. Der Ausbau der Erneuerbaren, mehr Energieeffizienz in Gebäuden, neue Energiequellen, aber auch der Blick über die Grenzen und verstärkte Zusammenarbeit in der Großregion sollen es richten.
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