kontakt 01/2024

spiel von Kunst und Wissenschaft, quasi die Ästhetik. Sie glauben ja gar nicht, wie wichtig das ist. Ich habe bei meinen Fernsehformaten zum Beispiel beim Bühnenbild selbst Hand angelegt, nicht immer im Einvernehmen mit den Chefs. Zwischen den Stühlen stehen ist meine Position geblieben. Wer verändert, muss mit Widerstand rechnen. Aber der Erfolg gab Ihnen schließlich recht, oder? Das ist in der Tat so. Wir haben beim Fernsehen neue Formate nicht nur gedacht, sondern auch gemacht, althergebrachte Ideen in Frage gestellt und den Wissenschaftsjournalismus auf eine neue Ebene gehoben. Machen lautet die Devise und das ist beim Fernsehpublikum gut angekommen. Die Einschaltquoten wie sie heutzutage über Erfolg und Misserfolg einer Sendung herangezogen werden, gab es in den 80er Jahren zwar so noch nicht. Aber ich gebe gerne zu, dass die vielen Preise und Auszeichnungen für unsere Sendungen auch eine Art Schutzschild für mich waren, Neues machen zu können. Veränderung ist das Salz in der Suppe. Was in Politik und Gesellschaft leider zunehmend fehlt, so der Eindruck. Da kocht jeder gern sein eigenes Süppchen. Was muss sich ändern? Ich möchte jetzt an dieser Stelle kein Politik-Bashing machen, aber mir scheint, dass es in der Politik keine langfristige Vision, kein belastbares und nachhaltiges Zukunftsszenario gibt. Es wird zu kurzfristig gedacht und oftmals nur auf Druck von außen reagiert. Es fehlt das Rückgrat, Dinge beim Namen zu nennen und auszuhalten. Alles und jenes zu skandalisieren ist keine Lösung. Wir befinden uns zurzeit in einer Scharnierphase, einer Phase des Übergangs, ob das nun Klimawandel ist, die Arbeitswelt betrifft oder das Zusammenleben verschiedener Kulturen: Was Jahrzehnte lang Konsens war, ändert sich in rasantem Tempo und das führt zu einer Verunsicherung in Politik und Gesellschaft gleichermaßen. Erschwerend kommen die vielen globalen Konflikte hinzu. Wir tun uns in Deutschland sehr schwer, sicher auch mehr als andere Länder, diese Veränderungen anzunehmen und die Chancen darin zu erkennen. Was uns hierzulande fehlt, ist ein erfrischender Ruck durch die ganze Gesellschaft, die Offenheit für Innovationen, selbst wenn nicht alles Neue auf Anhieb klappt, und das Loslassen des Althergebrachten. Wir brauchen ein gemeinsames Ziel, eine neue Kultur ganz im Sinne Picassos der „das Wesenhafte des modernen Menschen, der in aller Angst des Loslassens, doch die Gnade des Gehaltenseins im Offenwerden neuer Möglichkeiten erfährt“. Nach dem Vortrag „Emils Welt – eine Gesellschaft im Wandel“ diskutierten unter Moderation von Klaus Dittrich (3.v.l.) Ranga Yogeshwar (l.) Umweltstaatssekretär Sebastian Thul (2.v.r.), Isabelle Kiehn aus dem Kultusministerium (4.v.l.), die Schüler Vivian und Fabian sowie Benjamin Kiehn (r.) als Koordinator der proWIN-Stiftungen über die Lust auf Zukunft. Ranga Yogeshwar wurde 1959 in Luxemburg als Sohn eines indischen Ingenieurs und einer luxemburgischen Künstlerin geboren. Seine frühe Kindheit verbrachte er überwiegend in Indien. Nach dem Abitur in Luxemburg studierte er Experimentelle Elementarteilchenphysik und Astrophysik und arbeitete am Schweizer Institut für Nuklearforschung (SIN), am CERN in Genf und am Forschungszentrum Jülich. Ranga Yogeshwar begann seine journalistische Laufbahn 1983, zunächst bei verschiedenen Verlagen, dann im Bereich Hörfunk und Fernsehen. 1987 wurde er Redakteur beim Westdeutschen Rundfunk Köln und leitete später das Ressort Wissenschaft. Seit 2008 arbeitet Ranga Yogeshwar als unabhängiger Journalist und Autor. Er zählt zu den führenden Wissenschaftsjournalisten Deutschlands und entwickelte und moderierte zahlreiche TV-Sendungen u.a., „Kopfball“(ARD), „Quarks&Co“(WDR) und „Die große Show der Naturwunder“ (ARD). Yogeshwar schreibt regelmäßig Beiträge in den führenden Zeitungen und ist gern gesehener Experte in zahlreichen Talkshows. Seine Bücher “Sonst noch Fragen?”, „Ach so!“ oder „Nächste Ausfahrt Zukunft“ avancierten schnell zu Bestsellern und wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt. Yogeshwar erhielt über 60 Fachpreise und wurde vielfach ausgezeichnet, so etwa mit der Ehrendoktorwürde der Universität Wuppertal, dem Bundesverdienstkreuz der BRD, dem Verdienstorden des Landes NRW und dem Ordre de Mérite du Grand-Duché de Luxembourg. Ranga Yogeshwar ist Vater von 4 Kindern und lebt mit seiner Familie in der Nähe von Köln. 6 VSE kontakt | Trends & Themen

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