innerhalb eines Jahres. Die Politik sagt dazu, die Energiewende komme voran, spricht aber nicht darüber, welche Herausforderungen das für die Netzbetreiber bedeutet vor allem im Hinblick auf die Kürze der Zeit. Ausbauplanung und Umsetzung, Netzverstärkungen, Cybersicherheit und Datenschutz, Genehmigungsverfahren, Regulierungsmanagement sind nur einige Punkte, die enorme Kapazitäten binden. Ärgerlich war in diesem Zusammenhang die öffentliche Diskussion über angebliche Netzabschaltungen. Niemand muss in Deutschland befürchten, dass der Netzbetreiber den Strom einfach abschaltet. Er kann maximal bei der Leistung im Netz regulierend eingreifen, wenn die Sicherheit der Stromversorgung oder die Netzstabilität gefährdet sein sollten. Im Übrigen macht der Netzbetreiber so etwas höchstens zwei Mal, dann wird er von den Aufsichtsbehörden wie der Bundesnetzagentur dazu verpflichtet, Engpässe im Netz umgehend abzustellen. Der Betrieb der Netze ist reguliertes Geschäft, das sehr streng und engmaschig von den Aufsichtsbehörden überwacht wird. Das gilt auch für die Kosten. Eine der größten Herausforderungen für die Netzbetreiber ist die Digitalisierung und daran arbeiten wir mit Hochdruck. Dazu brauchen wir allerdings eine gut funktionierende Software und einheitliche Prozesse, was aufgrund der geringen Entwicklungszeiten aber ein riesiger Anspruch sowohl an die Entwickler als auch an die operativen Anwender ist. Vorstellbar ist der Einsatz Künstlicher Intelligenz beispielsweise bei Fehlersuche im Netz oder Prüfung von Plausibilitäten bei Mess- und Abrechnungsdaten. Allerdings bleibt die Qualität immer durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewährleistet. Sie sind die wahre Intelligenz! Trotz aller Schwierigkeiten und Unwägbarkeiten sehe ich die Energiewende auf einem guten Weg. Dafür nehmen wir sehr viel Geld in die Hand. Was investiert die VSE-Gruppe in die Netze? Allein die VSE Verteilnetz wird in den kommenden fünf Jahren rund 80 Millionen Euro investieren. Bei der energis-Netzgesellschaft sind es in den nächsten zehn Jahren rund 700 Millionen Euro, wobei hier auch Gas-, Telekommunikations- und Wassernetze mit eingerechnet sind. Großen Einfluss auf die Netzinfrastruktur wird die kommunale Wärmeplanung haben. Die Stromnetze müssen verstärkt und ausgebaut, Gasnetze eventuell zurückgebaut, und das sozialverträglich, sowie Wärmenetze neu gebaut werden. Eine Riesenherausforderung für Regulierer, Politik und Netzbetreiber gleichermaßen. Dafür haben wir unsere Prognosen hinsichtlich der Netzleistung angestellt, ben schon aus personellen Gründen gar nicht leisten können. Da ist es gut, einen Konzern mit der entsprechenden Personalstärke und großem Know-how im Rücken zu haben, der beispielsweise Stellungnahmen zu neuen gesetzlichen Verordnungen oder Richtlinien machen, Effizienzwerte berechnen, Rabatte bei der Beschaffung erzielen oder einfach einen Praxisaustausch auf operativer Ebene organisieren kann zum Beispiel bei dem wichtigen Thema Cybersicherheit. Im Gegenzug bieten auch die kleineren Netzgesellschaften im Konzern Vorteile. So werden wir zum Beispiel zum Kompetenz-Team für den konzernweiten Einkauf im Telekommunikationsbereich. Es ist wie oftmals im Leben ein Geben und ein Nehmen. Im Saarland ist es so organisiert, dass wir als VSE Verteilnetz auch Aufgaben dienstleistend für kleine Netzgesellschaften der energis-Stadtwerke-Partner übernehmen und mit dem Know-how aus der Gruppe unterstützen können. Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit so vielen Netzgesellschaften? Allein im Saarland sind es 24. Es ist davon auszugehen, dass der Druck auf die Netzbetreiber allgemein steigt. Die regulatorischen Anforderungen und Berichtspflichten nehmen zu, der Netzausbau muss intelligent gestaltet werden, die Investitionen sind enorm hoch und das alles bei einem sich verschärfenden Fachkräftemangel. Das führt zwangsläufig zu mehr Kooperationen. Synergien heben und nutzen im operativen Geschäft ist für uns schon lange gelebter Alltag wie zwischen der VSE Verteilnetz und der energis-Netzgesellschaft oder mit den energis-Stadtwerke-Partnern. Gleiches gilt für die saarländische Kooperation zwischen den beiden Netzgesellschaften der VSE-Gruppe, der Stadtwerke Saarbrücken Netz und der Creos Deutschland. Auch wenn die Beweggründe zur Kooperation manchmal unterschiedlich sind, so funktioniert trotzdem die Zusammenarbeit. Und das ist gut so, weil wir ein gemeinsames Ziel haben. Wo sehen Sie die größten Herausforderungen in den kommenden Jahren für die Netzbetreiber? Die Energiewende stellt enorme Ansprüche an die Netzinfrastruktur. Ein bestehendes und über Jahrzehnte lang gut funktionierendes System muss in extrem kurzer Zeit umgebaut und zukunftsfähig gemacht werden und das im laufenden Betrieb. Wir hatten 2022 allein in unseren Netzen rund 600 Anfragen für die Installation regenerativer Erzeugungsanlagen, der überwiegende Teil sind Photovoltaikanlagen. 2023 waren es schon rund 6.000, eine Verzehnfachung Weitere Infos: rafael.sierra-garrido@vse-verteilnetz.de VSE Verteilnetz GmbH Die 2007 gegründete VSE Verteilnetz GmbH ist eine 100%-ige Tochter der VSE Aktiengesellschaft mit zurzeit rund 180 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Sie ist verantwortlich für den Betrieb der regionalen 110-kV- und 35-kV-Stromnetze mit den Funktionen Assetmanagement, Netzservice, Netzwirtschaft und Regulierungsmanagement. Genutzt wird das Netz diskriminierungsfrei von großen Industriekunden, Betreibern von Erzeugungsanlagen sowie weiterverteilenden Regionalversorgern, Stadt- und Gemeindewerken. Das Verteilnetz setzt sich zusammen aus Leitungen und Kabeln mit einer Stromkreislänge von rund 1.000 km sowie 55 Umspannanlagen Hochspannung/Mittelspannung. Der Netzservice der VSE Verteilnetz GmbH erbringt sämtliche für den Betrieb von Stromversorgungs- und Telekommunikationsnetzen erforderlichen Dienstleistungen wie Netzführung, Netzbau, Hoch- und Tiefbau, Instandhaltung, Dokumentation, Vermessung, Fuhrparkmanagement sowie Verwaltung von Leitungsrechten und Verträgen. Geschäftsführer sind Roman Fixemer und Rafael Sierra Garrido. Weitere Infos dazu unter www.vse-verteilnetz.de Bedarfe ermittelt und die Berechnungen auf Ortskreise heruntergebrochen. Das alles ist Grundlage für unsere Planung, die wir jedes Jahr auf den Prüfstand stellen und gegebenenfalls anpassen. Woher nehmen Sie den Optimismus, dass die Energiewende gelingt? Die Energiewende ist politisch und gesellschaftlich gewollt. Das ist unumkehrbar und die Weichen sind gestellt. Obwohl wir mehr Zeit bräuchten, wenn alle Akteure an einem Strang ziehen, bin ich zuversichtlich, dass uns das gelingen wird. Wir wollen und werden investieren, verfügen über das notwendige Know-how und sind fest entschlossen, das zu schaffen. Die Motivation, die uns antreibt, ist eine klimaneutrale Energieversorgung zu günstigen Preisen in Deutschland. An diesem Ziel arbeiten wir und das macht Spaß. [nea] 21 Strategie & Zukunft | kontakt VSE
RkJQdWJsaXNoZXIy NTg2OTg=