„An Geld soll die Transformation nicht scheitern“ Dass der Transformationsprozess der saarländischen Wirtschaft ohne Innovationen nicht gelingen kann, weiß auch Ministerpräsidentin Anke Rehlinger. Es gehe darum, die Zukunftsfähigkeit des Saarlandes zu sichern, und dafür brauchen wir Geld, warb sie eindringlich für die Notwendigkeit des 3 Milliarden schweren Transformationsfonds. „An Geld soll die Transformation nicht scheitern. Und es ist besser, heute in die Zukunft zu investieren als morgen die Arbeitslosigkeit zu finanzieren.“ Doch Geld allein kann das Dilemma auch nicht lösen. Zwar investieren saarländische Unternehmen im Bundesvergleich in Forschung und Entwicklung nur unterdurchschnittlich, aber es mangelt vor allem an Gründungswilligen. „Wir brauchen unbequeme Köpfe“, forderte Gastredner Prof. Dr. Julian Nida-Rümelin, Philosoph und stellvertretender Vorsitzender des deutschen Ethikrats. Das Sperrige und Unbequeme werde leider zu oft von Unternehmen nicht geduldet und ausgebremst. Angepasster Mainstream in den Firmen sei die Folge. Michael Zimmer, Geschäftsführer der m+r Manufaktur, fordert mehr „verrückte Weltverbesserer“, Manager für die Umsetzung und Verkäufer. Nur im Zusammenspiel dieser drei Komponenten könne in einem Unternehmen wirklich etwas Neues bewegt werden. Ein Hindernis, anders zu denken, sieht Zimmer zudem im mangelnden Selbstbewusstsein vieler Saarländer. „Geld ist da, wir haben Know-how und das Potenzial, warum nicht mal was ausprobieren?“ Ähnlich sieht es der Geschäftsführer der IANEO Solutions, Dirk Frank. „Wir brauchen einen gepflegten Wahnsinn in der Belegschaft, damit der Spaßfaktor bei der Arbeit nicht verloren geht.“ Manchmal sei es trotzdem gut, nicht alle Risiken bei einer Gründung von Vornherein zu kennen, sonst würde einen tatsächlich der Mut verlieren. Der Gründergeist sei in Deutschland leider keine Inspiration für junge Menschen, betonte Mana Mojadadr, Wirtschaftsprofessorin an der htw saar. Immer noch stehe die Versorgungssicherheit, verbunden mit einer Karriere im Unternehmen, bei vielen Menschen im Vordergrund. Bürokratie ist Unternehmers Tod Fehlt es jungen Menschen also an Mut, sich selbständig zu machen und Verantwortung zu übernehmen? Markus Münter, Professor für Volkswirtschaft an der htw saar, sieht Lösungen in einer radikalen Abkehr von der überbordenden Bürokratie, die jegliche Innovation im Keim erstickt. „Unternehmen beschäftigen sich zu 40 bis 50 Prozent mit regulatorischen Fragen. Und in einem kleineren oder mittleren Betrieb ist man oftmals Mädchen für alles. Warum schafft die Politik nicht mal jede Woche ein Gesetz ab, anstatt immer neue zu verabschieden? Das alles schreckt Gründungswillige doch nur ab.“ Überhaupt müssten Personalabteilungen sich darauf einstellen, dass qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht mehr bis zur Rente im Unternehmen bleiben. „Es wird fluide Ökosysteme geben, bei der Fachkräfte aus unterschiedlichen Branchen über Unternehmensgrenzen hinweg situativ, also für bestimmte Projekte, zusammenarbeiten“, wagte Münter einen Blick in die nahe Zukunft. Südostasien und die USA machen das vor, Europa hinke noch hinterher. Ein erforderliches Umdenken, das so manche Arbeitsorganisation künftig auf den Kopf stellen wird, aber auch ein Beitrag zur Lösung des Fachkräftemangels sein kann. „Zugang zu Wissen und Vernetzung sowie Kooperationen sind die Schlüssel für die künftige Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen.“ Eine doppelt schwere Herausforderung für kleine und mittlere Unternehmen, die aufgrund der Krisen wenig investieren, parallel das Alltagsgeschäft für ihre Bestandskunden managen und sich neuen Arbeitsformen, neuen Geschäftsfeldern und Herausforderungen stellen müssen, wollen sie langfristig überleben. Wie projektbezogenes unternehmensübergreifendes Arbeiten der Zukunft mit vielfältigen Partnern aus Industrie, Forschung und Entwicklung sowie der Energiebranche aussieht, zeigen in der VSE-Gruppe beispielhaft das Digitalisierungsprojekt idFlexNetz zur Energiewende oder EAM und S/4U. Gebündeltes Know-how, Praxiserfahrung aus unterschiedlichen Anwendungsfällen sowie Fachkräfte aus unterschiedlichen Unternehmen und Abteilungen kommen temporär zusammen, um zukunftsorientierte und flexible Lösungen zu erarbeiten. Wissen, das in einem Unternehmen allein gar nicht vorzuhalten ist. Der Transformationsprozess, in dem sich die Wirtschaft befindet, verlangt den Unternehmen und den Menschen einiges ab. Nichts wird so bleiben, wie es einmal war. Darauf müssen wir uns alle einstellen. [nea] Philosoph Prof. Dr. Julian Nida- Rümelin, IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Frank Thomé, FITT-Geschäftsführerin Mirjam Schwan, Ministerpräsidentin Anke Rehlinger und Gründerin Dima Alrifai (v.l.) auf der Zukunftskonferenz der FITT gGmbHin Saarbrücken. 39 Zukunft | kontakt VSE
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