FAKT 1-2017

stoffzellentechnik für Privathaushalte wirtschaftlich lukrativ sein kann und ökologisch allemal. Wenn jemand nach rund 15 Jahren eine neue Heizung braucht, sollte er mit unserer Klima- schutzbeauftragten Lisa Rothe spre- chen. Was plant Enkenbach-Alsenborn in na- her Zukunft? Wir wollen die Wärmeversorgungsnet- ze verbinden, weiter ausbauen und das Thema E-Mobility forcieren. Der Fuhrpark des Bauhofs fährt be- reits elektrisch und zwar mit fünf E- Fahrzeugenund einemHybridfahrzeug. DiemeistenBürger fahren aus vielerlei Gründen noch nicht auf E-Fahrzeuge ab. Fehlende Reichweite, mangelnde Tankstelleninfrastruktur und zu hohe Preisewirken abschreckend. Das kann sich schneller ändern als viele derzeit glauben.Wir denkendarüber nach, eine Leasinggesellschaft für E-Fahrzeuge auf den Weg zu bringen, damit der In- vestitionsaufwand für interessierte Bürger gering gehalten wird. Auch bei der E-Mobility wollenwir Vorreiter sein und Wege aufzeigen, wie es in der Pra- xis funktionieren könnte. Des Weiteren beschäftigen wir uns mit dem Thema Arealnetze für Strom aus regenerativenEnergien. Da sindwir allerdings noch in der Findungs- und Prüfungsphase. Hierzu wurde eine Machbarkeitsstudie beim Fraunhofer Institut in Auftrag gegeben. An Ideen mangelt es uns nicht und wir verfolgen unser Ziel, bis zum Jahr 2050 die CO 2 -Neutralität in den Berei- chen Strom, Wärme und Verkehr zu er- reichen, konsequent weiter. E nkenbach-Alsenborn zieht alle Energieregister auf dem Weg zur Nullemissionskommune. Mit Energie intelligent umgehen, Energie einspa- ren ohne Komfortverlust, die Bürger mitnehmen und weiterhin Maßstäbe beim Klimaschutz setzen – eine Kunst der Effizienz. FAKT hat bei Ortsbürgermeister JürgenWenzel nachgefragt, wie Enken- bach-Alsenborn die Energiewendewei- ter gestalten will. FAKT: Enkenbach-Alsenborn gilt als Pionierkommune beim Klimaschutz. Wie kam es dazu? Jürgen Wenzel: Unsere Gemeinde ist seit jeher engmit der Natur verbunden. Mit rund 1.360 Hektar Waldfläche sind wir die drittgrößte Wald besitzende Kommune in Rheinland-Pfalz. Früher bestanden unsere Wälder hauptsäch- bewährt. Im nächsten Schritt werden wir versuchen, den Wirkungsgrad durch eine noch bessere Auslastung des Biomasse-Heizkraftwerks zu er- höhen. Es besteht ja außerdemdieMöglichkeit, die Anlagen in die Vermarktung von Re- gelenergie zu nehmen. Das wird zurzeit umgesetzt. FAMIS aus der VSE-Gruppe steht uns dabei zur Verfügung. Unser Heizkraftwerk mit 2,6 MW el und das BHKW mit 406 kW el sind sehr gut geeignet, um in den Pool für Regelenergie der VSE aufgenom- men zu werden. Das bringt für die Orts- gemeinde finanzielle Vorteile. Die Ma- teriewäre für uns auch viel zu komplex. Da brauchenwir professionellePartner an der Seite. Wie schafft es Enkenbach-Alsenborn, seine Bürger bei der Energiewende mitzunehmen? Natürlich werden alle Maßnahmen un- sererseits im Gemeinderat diskutiert, teilweise auch kontrovers. Proteste aus den Reihen der Bürger wie man es an- dernorts sieht, treten bei uns nicht auf. Zugegebenermaßen setzen wir auch weniger aufWindenergie als in anderen Teilen Deutschlands. Der Solarpark in Sembach steht beispielsweise auf ei- nem ehemals militärischen Gelände, auf dem früher ein Tanklager unterge- bracht war und somit für Industrie- und Gewerbeansiedlung nur sehr aufwän- dig und kostspielig hätte saniert wer- den müssen. Aber auch die Bürger nehmen wir mit. Rund zehn Prozent der verfügba- ren Dächer in Enkenbach-Alsenborn sind nach dem Solarkataster bereits mit Solaranlagen ausgestattet. Es gibt viele Veranstaltungen rund umdie The- men Energiewende und Energieeffizi- enz. Das beginnt im Kindergarten und geht bis zu Infoveranstaltungen für das Handwerk. Denn gemeinsam mit FA- MIShabenwir eineMachbarkeitsstudie entwickelt, die besagt, dass die Brenn- lichaus denheimischenBäumenBuche und Eiche, heute sind es zu rund 80 Pro- zent Kiefern. Die einseitige Ausbeutung des Waldes vor allem in den vergange- nen Jahrhunderten ist wesentliche Ur- sache für diesen rasanten Bestands- wechsel. Hinzu kam die zunehmende Luftverschmutzung im20. Jahrhundert mit den Folgen des Waldsterbens. Wir lernen daraus, dass wir die Natur nicht grenzenlos ausbeuten können, ohne dabei ihreGrundlagen zu zerstören.Wir müssen gegensteuern und unser bis- heriges System überdenken. Durch nachhaltiges Wirtschaften mit einer ökologisch orientierten Energieversor- gung aus nachwachsenden Rohstoffen und regenerativen Energien in Kombi- nationmit sinnvollen Klimaschutzmaß- nahmen können wir als kleine Kommu- ne unseren Beitrag zur Energiewende leisten. Wann kam es zu dieser vielleicht nicht neuen, aber enorm wichtigen Erkennt- nis? Die Waldflächen sind auf der einen Sei- te Vermögen der Gemeinde, auf der an- derenSeite dienen sie zurNaherholung der Bürgerinnen und Bürger. Als vor rund zwölf Jahren die Preise für den Festmeter Schwachholz dermaßen im Keller waren, haben wir im Gemeinde- rat darüber diskutiert, wie wir dieses Holz einer ökonomisch und ökologisch sinnvolleren Verwertung zuführen kön- nen. Daraus ist die Idee eines Holz- hackschnitzelheizwerks entstanden. Motivation für uns, etwas zu ändern, waren demnach auch wirtschaftliche Gründe. Für den Klimaschutz sind im Prinzip alle Bürger, aber wenn es etwas kostet, sieht die Welt anders aus. Inzwischen wurde in Enkenbach-Alsenborn eine ganze Palette an Maßnahmen zum Ge- lingen der Energiewende umgesetzt. Wie steht’s um die Wirtschaftlichkeit? Wir haben zu Beginn unserer Energie- wende den Gesamtenergieverbrauch in der Ortsgemeinde ermitteln lassen und festgestellt, dass erhebliche finan- zielle Mittel für fossile Energieträger aufgewendet werden. Bilanziell flossen pro Jahr rund 26 Millionen Euro ab, Geld, das der Gemeinde unwiderruflich verloren gegangen ist. Mit unseren um- gesetzten Maßnahmen wie dem Bio- masse-Heizkraftwerk, denBlock-Heiz- kraftwerken, den Photovoltaikanlagen, den vielen kleinen Effizienz-Maßnah- men ist es uns gelungen, rund 27 Mio. Euro Wertschöpfung in der Region zu belassen. Das beginnt bei der Planung über den Bau bis zumBetrieb inklusive Wartung und Instandhaltung der tech- nischen Anlagen. Diemeisten Aufträge verbleiben im Ort bzw. in der Region. Wenn jemand investiert, besteht im- mer ein gewisses unternehmerisches Investitionsrisiko. Deshalb gehenwir in Enkenbach-Alsenborn schrittweise vor, erstellen zuvor eine Machbarkeitsstu- die, betrachten die Wirtschaftlichkeit und nehmen dafür professionelle Un- terstützung mit ins Boot. Wie sind Sie dabei auf FAMIS gekom- men? Als Kommune sind wir verpflichtet, öf- fentlich auszuschreiben. FAMIS hat bei einer Machbarkeitsstudie das wirt- schaftlichste Angebot abgegeben. Von großer Bedeutung ist für uns außerdem der Praxisbezug, den FAMIS aus lang- jähriger Tätigkeit und Erfahrung mit- bringt. Es nützt uns schließlich nicht viel, wenn wir schöne Konzepte haben, die aber letztendlich nicht praxistaug- lich sind. Mit dem vorgeschalteten erd- gasbetriebenen Block-Heizkraftwerk bei unseremBiomasse-Heizkraftwerk konnten wir den Fremdstrombezug quasi gegenNull fahren. Das vonFAMIS geplante BHKW hat sich in der Praxis Die Klimaschutzbeauftragten Lisa Rothe und Bürgermeister Jürgen Wenzel. Interviewmit Ortsbürgermeister Jürgen Wenzel Klimaneutralität ist das Ziel 01 | 2017 FAKT 7 6 FAKT 01 | 2017 Titelstory

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